FSW-Arbeitssicherheit

Erster Entwurf als Diskussionsgrundlage zur Risikobewertung, Arbeitssicherheit und FMEA beim Rührreibschweißen (FSW)


Dieses Dokument ist ein unverbindlicher erster Entwurf von Hinweisen zur Risikobewertung, Arbeitssicherheit und FMEA beim Rührreibschweißen.

Dieses Dokument ist ein unverbindlicher erster Entwurf von Hinweisen zur Risikobewertung, Arbeitssicherheit und FMEA beim Rührreibschweißen.

 

Vor dem Durchführen von Schweißversuchen oder dem industriellen Einsatz des Rührreibschweißverfahrens sollten die folgenden Aspekte der Arbeitssicherheit etc. adressiert werden:

   

1. Risikobewertung

Gebrauchsanweisung beachten beim Rührreibschweißen

Beim Reibrührschweißen sind insbesondere die Unfallverhütungsvorschriften und internen Betriebsanweisungen zu beachten. In Absprache mit Ihrer Sicherheitsfachkraft müssen Sie dafür sorgen, dass sie am Arbeitsplatz ausliegen.

 

Vor dem Rührreibschweißen sind die Gebrauchsanweisungen der eingesetzten Maschinen zu beachten sowie eine Risikobewertung erforderlich. Es wird empfohlen, die Risikobewertung schriftlich zu dokumentieren und von einem verantwortungsvollen Kollegen oder Vorgesetzten prüfen und gegenzeichnen zu lassen.

    

Neben den unten genannten Punkten zur Arbeitssicherheit, sind dabei auch die Gefahren für die Beschädigung der Maschine, der Spindellagerung und des FSW-Werkzeugs abzuwägen. 

 

Zum Beispiel wurde beim Rührreibschweißen von 16 mm dicken Aluminium-Hauptträgern eines Schienenfahrzeugs das Spindellager einer hochgenauen Portalfräsmaschine versehentlich beschädigt. Nachdem die Spindel getauscht worden war, wurden die Schweißversuche fortgesetzt, wobei die Spindel ein zweites Mal beschädigt wurde. Seitdem werden auf dieser Maschine, die für die Fräsbearbeitung von Aluminiumteilen beschafft wurde, keine Rührreibschweißversuche mehr durchgeführt. 

 

Bei Garantie- oder Versicherungsfällen wird oft hinterfragt, ob die Maschine außerhalb des Nennbereichs betrieben wurde. Daher ist bei der Risikobewertung das Handbuch der Maschine zu Rate zu ziehen, oder mit dem Maschinenhersteller zu besprechen, welche Kräfte in die Maschine oder den Roboter eingeleitet werden dürfen, ohne die Lebensdauer der Lager zu beinträchtigen. 

 

Im Rahmen der Risikoanalyse ist auch zu bewerten, ob die erforderlichen Wartungsmaßnahmen der FSW-Maschine eingehalten wurden, z.B. ob die Lager regelmäßig geschmiert wurden und bei automatischen Schmiersystemen genügend Schmiermittel nachgefüllt wurde.

 

Der Stift des Rührreibschweißwerkzeuges hat eine beschränkte Lebensdauer und wird daher gelegentlich abgeschert. Durch die Drehbewegung kommt zu abrasivem Verschleiß durch die Wechselbelastung zu Materialermüdung. Darüber hinaus versprödet der Stift, wenn zum Beispiel Aluminium in den Werkzeugstahl diffundiert. Der Abrieb und vor allem der abgescherte Stift können beim Einsatz des Bauteils zu Korrosionsschäden führen. Daher ist es sinnvoll, neue Werkzeuge in nicht für den Kunden bestimmten Werkstücken einlaufen zu lassen und das Werkzeug vor dem Erreichen der zu erwartenden Lebensdauer vorsorglich zu wechseln.

 

2. Arbeitssicherheit

2.1 Grundüberlegungen

Allgemeines Gebotszeichen: Grundüberlegungen vor dem FSW durchführen

An erster Stelle stehen vor dem Durchführen von Schweißungen die Überlegungen zur Arbeitssicherheit. Dabei sollten Antworten zu folgenden drei Fragen gefunden werden:

   

• Was könnte schief gehen?

• Was könnten die Folgen eines Unfalls sein und wie schwerwiegend sind sie?

• Wie lässt sich die Arbeitssicherheit gewährleisten?

   

Die mit dem Rührreibschweißen verbunden Gefahren sind ähnlich wie die beim Fräsen. Die Verletzungsgefahr ist aber höher als beim Fräsen. Daher müssen höhere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, als beim Fräsen.

 

An Reibrührschweißmaschinen und -robotern darf nicht ohne Unterweisung gearbeitet werden. An diesen Maschinen hat niemand etwas zu suchen, der nicht für die Arbeit an diesen Maschinen unterwiesen worden ist.

   

2.2 Augenverletzungen

Augenschutz benutzen beim Rührreibschweißen

Beim Rührreibschweißen ist immer das Tragen einer Schutzbrille erforderlich. Insbesondere beim Eintauchen des Werkzeuges entstehen Späne, die oft über den Maschinentisch hinaus in die Werkstatt geschleudert werden. Diese Späne können zu schweren, irreparablen Augenverletzungen oder Blindheit führen. 

   

Wenn eine Schutztür an der Maschine vorhanden ist muss diese vor dem Schweißen geschlossen werden. Das Überbrücken von Sicherheitsschaltern ist arbeitsrechtlich nicht zulässig und hat bei Unfällen oft nachteilhafte Folgen für den Maschinenbediener und andere Personen, die sich in der Nähe der Schweißmaschine aufhalten.

   

2.3 Gesichtsverletzungen

Gesichtsschutz benutzen beim Rührreibschweißen  (ersetztes oder zurückgezogenes Zeichen)

In seltenen Fällen, vor allem bei Kunststoffen oder bei falsch eingestellten Parametern, schmilzt das Material der Werkstücke und wird durch die Zentrifugalkraft aus der Maschine geschleudert. In Abhängigkeit von der Erfahrung beim Rührreibschweißen der gleichen Werkstoffgruppe und bei der Bedienen der Maschine ist es daher erforderlich, einen Vollgesichtsschutz aus Plexiglas oder einem feinen Gewebe zu tragen, ähnlich wie beim Sägen mit einer Motorsäge. Wegen der Einzugsgefahr bei drehenden Teilen ist ein Gesichtsschutz insbesondere für Personen mit Vollbart erforderlich, wenn keine anderen Schutzvorrichtungen vorhanden sind.

    

2.5 Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen

Fußschutz benutzen beim Rührreibschweißen (d.h. Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen tragen)

Die in der metallverarbeitenden Industrie üblichen Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen bzw. Stahlsohlen sind beim Rührreibschweißen zum Schutz vor herabfallenden schwere Teilen unbedingt erforderlich.

   

Bei Sicherheitsschuhen der Sicherheitsklasse S3 schützt eine durchtrittsichere aus aus Stahlblech oder einem technischen Gewebe wie Kevlar oder ähnlichem die Fußsohlen vor Penetrationsverletzungen durch Nägel und andere spitze Gegenstände.

    

2.6 Lärm

Gebotszeichen nach DIN EN ISO 7010: Gehörschutz benutzen beim Rührreibschweißen

In Abhängigkeit von dem durch die Maschine oder den Prozess erzeugten Lärm ist Gehörschutz zu tragen. Unabhängig von der Höhe der Lärmexposition müssen Lärmbelastungen an Arbeitsplätzen vermieden oder soweit wie möglich verringert werden. Lassen sich Lärmbelastungen nicht vermeiden, ist geeigneter Gehörschutz  so auszuwählen, dass die maximal zulässigen Expositionswerte am Ohr unter Berücksichtigung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes eingehalten werden. 

    

2.4 Kopfverletzungen

Gebotszeichen nach DIN EN ISO 7010: Kopfschutz benutzen (d.h. Helm tragen) beim Rührreibschweißen

Beim Bau von Portalschweißmaschinen ist es sinnvoll, den Portalbalken so hoch zu positionieren, dass die Maschinenbediener sich nicht den Kopf daran stoßen können. Wenn, zum Beispiel beim Bestücken oder Warten der Maschine, Verletzungsgefahr des Kopfes besteht ist ein Helm zu tragen. Die beim Arbeiten mit Kränen oder Gabelstaplern erforderliche Sicherheitsvorkehrungen sind einzuhalten und die entsprechende Sicherheitsausrüstung ist zu tragen.

 

2.5 Arbeitskleidung

Schutzkleidung benutzen beim Rührreibschweißen

Beim Reibrührschweißen muss  sicherheitsgerechte Kleidung getragen werden.

 

Weite Kittel mit aufgesetzten Taschen oder aufgekrempelte Ärmel bedeuten beim Arbeiten an Maschinen mit rotierenden Teilen Lebensgefahr. Dasselbe gilt für Ringe, Armbanduhren oder Ketten sowie für Krawatten, Schals oder Halstücher.

 

Sichere Arbeitskleidung muss folgendermaßen aussehen: eng anliegend, Ärmel mit Bund oder nach innen aufgekrempelt, keine aufgesetzten Taschen. Wer lange Haare trägt, muss diese durch eine geeignete Kopfbedeckung oder ein Netz bändigen.

   

2.7 Scharfe Kanten

Beim Rührreibschweißen im Bereich von drehenden Teilen – wegen der Einzugsgefahr – niemals Handschuhe tragen

Da die Bauteile im Bereich der Schweißnaht oft nicht entgratet werden, um die Entstehung von Schlauchporen zu vermeiden, sind die Kanten oft messerscharf. Nach dem Schweißen besteht am Grat oder Wulst rechts und links der Schweißnaht oft die Gefahr von Schnittverletzungen.

 

Die Werkstücke sind nach dem Rührreibschweißen oft so heiß, dass sie nur mit Handschuhen angefasst werden können.

 

Beim Werkzeugwechsel oder bei der Behebung von Störfällen, wenn sich das FSW-Werkzeug mit den Werkstücken verschweißt hat besteht Verletzungsgefahr durch das heiße Werkzeug. 

    

Beim Rührreibschweißen im Bereich von drehenden Teilen – wegen der Einzugsgefahr – niemals Handschuhe tragen

Schutzhandschuhe sind zwar bei vielen Arbeiten vorgeschrieben, aber im Bereich von drehenden Teilen dürfen sie – wegen der Einzugsgefahr – niemals verwendet werden. Das ist insbesondere bei der Verwendung von alten Fräsmaschinen zu beachten, wenn diese keine Schutztüren haben.

 

Die Schutztüren von modernen CNC-Fräsmaschinen oder Rührreibschweiß­maschinen müssen während des Betriebs der Spindel immer geschlossen sein.

    

2.8 Drehende Teile

Warnung vor automatischem Anlauf beim Rührreibschweißen

Erfahrene Rührreibschweißer berichten immer wieder über die Unfallgefahr durch die sich drehende Spindel und das in sie eingespannte Werkzeug. Es kommt immer wieder vor, dass das Werkzeug nicht fest genug in die Spindel eingespannt ist, sich durch die hohen Drehmomente löst oder abgeschert wird. In diesen Fällen kann es vorkommen, dass das Werkzeug oder Teile davon über weite Entfernungen aus der Maschine geschleudert werden.

 

Bauartbedingt kann es, insbesondere bei amerikanischen Reibrührschweißmaschinen mit Kraftmesseinrichtung, zum Abscheren von Teilen der Spindellagerung kommen. In diesen Fällen fliegen schwere Teile mit hoher kinetischer Energie aus der Maschine die ein ernsthaftes Verletzungsrisiko darstellen.

 

Wie beim Fräsen besteht die Gefahr, dass sich Kleidungsstücke, Handschuhe oder Schmuck an der sich drehenden Spindel verfangen und Verletzungen führen. Es ist daher erforderlich, beim Bedienen von Rührreibschweißmaschinen z.B. keine Schals, Krawatten, Halsketten und Eheringe zu tragen.

 

2.9 Klemm- und Quetschgefahr

Warnung vor Quetschgefahr beim Rührreibschweißen

Lebensgefahr besteht insbesondere bei Rührreibschweiß-Maschinen und Robotern durch das Einklemmen oder Zerquetschen von Körperteilen. Es wäre grob fahrlässig, sich in dem Bereich aufzuhalten, den die Maschine normalerweise erreicht oder bei Störungen oder fehlerhafter Programmierung erreichen kann. Bei diesen Maschinen sind entsprechende Schutzeinrichtungen einzurichten und zu benutzen, die die Klemm- und Quetschgefahr ausschließen.

   

2.10 Unzureichende Einspannung der Bauteile

Warnung vor einer Gefahrenstelle beim Rührreibschweißen

Durch die für das Rührreibschweißen erforderlichen hohen Kräfte werden gelegentlich Bauteile aus der Maschine herausgeschoben oder in Abhängigkeit von der Größe herausgeschleudert, weshalb Schutzreinrichtungen erforderlich sind und genutzt werden müssen.

 

2.11 Verbrennungen

Warnung vor heißer Oberfläche beim Rührreibschweißen

Das Werkzeug und die Werkstücke werden beim Reibrührschweißen heiß, und auch nach dem Schweißen besteht Verletzungsgefahr beim Anfassen. In der Serienfertigung werden die Bauteile am Ende der Schicht immer wärmer, da sich die Spannvorrichtung aufwärmt und dadurch immer weniger Wärme in die Spannvorrichtung abgeführt wird.

 

2.12 Rauchentwicklung

Warnung vor giftigen Stoffen beim Rührreibschweißen

In Abhängigkeit der Werkstoffe (z.B. Edelstahl) und ihrer Beschichtungen (z.B. Öl) sowie in Abhängigkeit der verwendeten Werkzeugmaterialien (z.B. Wolfram) können beim Rührreibschweißen giftige Dämpfe entstehen, die nicht eingeatmet werden dürfen. Auch der Niederschlag dieser Dämpfe in der Halle und deren Einrichtung kann zu Vergiftungserscheinungen oder Allergien führen. 

   

Insbesondere das Rührreibschweißen von toxischen Metallen wie Blei oder Beryllium- oder Cadmium-haltigen Legierungen erfordert eine professionelle Risikobewertung durch einen sachkundigen Experten. 

   

3. Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse

Gebrauchsanweisung beachten beim Rührreibschweißen (ersetztes oder zurückgezogenes Zeichen)

Die Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse (FMEA) ist ein systematischer Ansatz, der zur Vermeidung von Fehlern bei der Produktentwicklung oder für die Qualitätsverbesserung verwendet wird. Sie kann sich auf das Design (DFMEA) oder den Prozess (PFMEA) konzentrieren. 

 

Eine schriftlich dokumentierte und regelmäßig aktualisierte FMEA ist oft vertraglich erforderlich und kann auch zur Abwehr von Produkthaftungs­ansprü­chen vor Gericht eingesetzt werden. Viele Organisationen haben diesen Ansatz aufgrund des Schutzes, den er in diesem Bereich bieten kann, übernommen.

 

Mit der FMEA sollen die folgenden Aspekte eines potentiellen Produkt- oder Prozessfehlers zu erfasst werden:

 

• Was könnte schief gehen (der Modus des Ausfalls)?

• Was könnte das Folgen dieses Versagens sein (die Folgen des Ausfalls)?

• Wie schwerwiegend könnten die Folgen des Versagens sein (die Schwere des Ausfalls)?

 

Der Schwere des Ausfalls wird ein numerischer Wert zugeordnet, der mit dem Buchstaben S (für severity) abgekürzt wird. Damit wird beschrieben, was den Ausfall verursachen könnte und wie wahrscheinlich oder häufig es ist, dass die Ursache auftreten wird. Auch dem Auftreten des Ausfalls wird ein numerischer Wert zugewiesen, O (für occurrence). Der Wahrscheinlichkeit der Erkennung D (für detection) wird ein numerischer Wert zugewiesen.

 

Alle zugewiesenen Werte liegen im Bereich von 1 bis 10, wobei 1 die geringste Auswirkung auf die Produktfunktion oder den Prozessoutput und 10 die höchste beschreibt. Die Werte sind für jedes Unternehmen unterschiedlich und basieren auf dem Produktionsvolumen und anderen historischen Informationen. Wenn mindestens einer der Werte über 8 oder 9 liegt, müssen meist besondere Vorkehrungen zur Qualitätssicherung vorgenommen werden.

 

Das Produkt von S × O × D wird als Risikoprioritätszahl (RPZ) bezeichnet. Diese ist die Grundlage für geplante Änderungen an Produkten oder Prozessen. Die RPZ wird zur Priorisierung der Arbeit verwendet und kann neu berechnet werden, um sicherzustellen, dass die ergriffenen Maßnahmen die gewünschte Wirkung erzielt haben.[1]

 

Bei der Durchführung einer FMEA zum Rührreibschweißen oder bei der Beauftragung eines Lieferanten von rührreibgeschweißten Produkten sollten zum Beispiel folgende Punkte besonders berücksichtigt werden:

 

• Stromausfall

• Not-Aus

• Werkzeugabrieb

• Werkzeugbruch

• Schweißnahtverschmutzung, z.B. durch Schmier- oder Trennmittel

• Bauteile nicht ausreichend eingespannt

• Falsche Werkzeug- oder Parameterwahl

• Verzug, z.B. weil ein dünner Deckel heißer als ein dicker Block wird

• Materialverwechslung, z.B. 5000er statt 6000er Aluminium-Legierungen

• Lunker oder andere Materialfehler im Grundmaterial

• Ungeeignete Reparatur

• Einhaltung von ISO 3834-3 und ISO 25239

Quellennachweise