FSW und FSSW im Schienenfahrzeugbau

Rührreibschweißen und Rührreibpunkt-Schweißen von Eisenbahnwagen und -zügen


Im Bericht der von Lord Cullen geleiteten Untersuchung des Ladbroke-Grove-Eisenbahnunfalls vom 5. Oktober 1999 durch  das Oberhaus des britischen Parlaments wurden Alternativen zum Schmelzschweißen empfohlen, sowie der Einsatz von besseren Werkstoffen und analytischen Methoden. Seitdem werden FSW-geschweißte Aluminium-Paneele weltweit eingesetzt, insbesondere in Japan, China und Europa.

   

FSW-Paneele bei Bombardier Transportation

Rührreibschweißen (englisch: Friction Stir Welding, FSW) wird im Schienenfahrzeugbau für Aluminium-Wagenkästen aus Strangpressprofilen eingesetzt. Der geringe Verzug und die hohe Crashsicherheit sind dabei die Hauptvorteile. 


Im Schienenfahrzeugbau werden Seitenpaneele, Dachpaneele und Bodenpaneele zunehmend aus mit dem Rührreibschweißverfahren verschweißten Aluminium-Strangpressprofilen hergestellt, insbesondere im Hinblick auf die Crashsicherheit. Außerdem werden Hauptlängsträger und Bodenpaneele von Elektrotriebwagen mit FSW verschweißt. 

   

FSW-Seitenwände aus doppelwandigen Strangpressprofilen für Bombardiers Nahverkehrs- und U-Bahn-Züge

FSW-Seitenwände aus doppelwandigen Strangpressprofilen für Bombardiers Nahverkehrs- und U-Bahn-Züge

Courtesy of TWI and Bombardier

    

Die FSW-Aluminiumpaneele haben nach der Lackierung eine ausgezeichnete Oberflächengüte und geringen Verzug

Die FSW-Aluminiumpaneele haben nach der Lackierung eine ausgezeichnete Oberflächengüte und geringen Verzug

Courtesy of TWI and Bombardier

    


Seitenwand einer bei Bombardier aus FSW-Paneelen hergestellten Zugs der Londoner U-Bahn

Am TWI ausgestelltes Teil einer bei Bombardier aus FSW-Paneelen hergestellten U-Bahn

©  AluStir
    

Bei Bombardier in Derby werden die Seitenwände für die Züge der Londoner U-Bahn aus FSW-Paneelen hergestellt. Bombardier nahm bereits 1994 an einem am TWI in Cambridge durchgeführten Projekt teil, und setzte dann 7-8 Jahre später FSW-Paneele ein weil diese technische und wirtschaftliche Vorteile gegenüber konventionell MIG-geschweißten Profilen aufweisen.

   

Am TWi ausgestelltes Teil einer bei Bombardier aus FSW-Paneelen hergestellten Londoner U-Bahn
Am TWi ausgestelltes Teil einer bei Bombardier aus FSW-Paneelen hergestellten Londoner U-Bahn

Am TWI ausgestelltes Teil einer bei Bombardier aus FSW-Paneelen hergestellten U-Bahn

©  AluStir
    

A-Train von Hitachi

Hitachi setzt das Rührreibschweißverfahren erfolgreich für die Fertigung des A-Trains ein, wobei das A wohl sowohl für Aluminium als auch für Advanced steht. Die Wagenkästen (Wände, Dach, Boden) werden aus mit dem FSW-Verfahren vorgefertigten doppelwandigen Aluminium-Strangpressprofilen, wobei modulare Komponenten in den Montageschienen der Strangpressprofile befestigt werden können. Die Züge werden seit 2017 auch nach Großbritannien exportiert (Fotos zum Vergrößern bitte anklicken).[1]

   

Rührreibgeschweißer A-Train von Hitachi: British-Rail-Klasse 800

British-Rail-Klasse 800

© Paul Bigland, CC-BY 3.0

   

British-Rail-Klasse 801

British-Rail-Klasse 801

© SavageKieran,CC-BY-SA 4.0

   

British-Rail-Klasse 802

British-Rail-Klasse 802

© Geof Sheppard, CC-BY-SA 4.0

   


  • Die Züge der British-Rail-Klasse 800 sind "bimodale" Bimodale-Triebwagen (BMU) bzw. Elektro-Diesel-Triebzüge (EDMU). Wo verfügbar, können sie über Wechselstrom-Oberleitungen und zu anderen Zeiten über Unterflur-Dieselgeneratoren betrieben werden. Im Dieselbetrieb ist ihre Höchstgeschwindigkeit auf 160km/h begrenzt. Sie können den Modus während der Fahrt wechseln.
  • Die Züge der British-Rail-Klasse 801 sind elektrische Triebzüge (EMUs), wobei jeder Zug über ein Dieseltriebfahrzeug vom Typ EDMU verfügt, das beim Rangieren und in Notfällen eingesetzt werden kann, falls kein Strom aus der Oberleitung bezogen werden kann.
  • Die Züge der British-Rail-Klasse 802 sind zwar auch vom Typ EDMU, verfügen aber über leistungsstärkere Dieseltriebfahrzeuge und größere Kraftstofftanks (als die EDMUs der Class 800), so dass sie die steilen Steigungen in Devon und Cornwall besser bewältigen können und mehr Zeit auf nicht elektrifizierten Streckenabschnitten verbringen. Sie werden bei Great Western und von Hull Trains und als InterCity East Coast in einer Partnerschaft von Stagecoach und Virgin eingesetzt.[1]
Minimaler Verzug durch Rührreibschweißen bei der British-Rail-Klasse 835

British-Rail-Klasse 835 bei Hitachi, Kudamatsu

© Hitachi Rail UKCC-BY 3.0

    

British-Rail-Klasse 835 ge­kup­pelt als ScotRail Express

British-Rail-Klasse 835 ge­kup­pelt als ScotRail Express

© Geof Sheppard, CC-BY-SA 4.0

   

British-Rail-Klasse 835 als ScotRail Express

British-Rail-Klasse 835 als ScotRail Express

© Hitachi Rail UKCC-BY 3.0

   


  • Die Züge der British-Rail-Klasse 835 werden im Abellio-ScotRail-Franchise eingesetzt. Der Vertrag für 70 neue Züge im Wert von 475 Mio £ (damals ca 660 Mio €) wurde im April 2015 unterzeichnet. Die ersten sieben Züge wurden in Hitachis Kasado Works factory in Kudamatsu, Yamaguchi, Japan hergestellt, und die restlichen anschließend bei Hitachi in Newton Aycliffe, England. Aufgrund der Spezifikation, mit einer Minibar alle Fahrgäste erreichen zu könnem, wurden an den Zug-Enden Faltenbälge vorgesehen. Das erforderte eine erheblichen Konstruktionsaufwand bei der Gestaltung der Fahrerkabine, um die Anforderungen bezüglich Funktionalität, Crashsicherheit und Fahrerergonomie, insbesondere zur Sicht, zu erfüllen.[5]

FSSW-Dachpaneele von Kawasaki Heavy Industries

Kawasaki Heavy Industries haben 2006 in Japan ein neuen Wagenkasten mit aus laser­ge­schweiß­tem rostfreiem Edelstahl hergestellten Seitenwänden und einem Dach aus rührreibpunktgeschweißten Aluminiumblechen entwickelt.

 

Diese Fügetechniken verbessern nicht nur die Ebenheit und Schönheit von Außenhautteilen aufgrund des durch die geringere Wärmeeinbringung geringen Verzugs, sondern haben auch viele andere, unter anderem patentrechtliche, Vorzüge und Potenziale.[2]

 

   

FSSW roof panel by Kawasaki Heavy Industries

© Kawasaki Heavy Industries

 


Alstom Citadis Spirit

SBB in Blainville, Quebec, Kanada nutzt das Rührreibschweißen seit 2014/2015 für einen einem Auftrag über 140 Aluminiumdächer für den Alstom Citadis Spirit, einen niederflurigen Straßenbahn- und Stadtbahn-Gelenktriebwagen.

 

Die Wagen sind 2,5 m breit und variieren in der Länge zwischen 10 m und 11,5 m. Jeder Wagenkasten wiegt 1300 kg und wird aus mehreren Strangpressprofilen zusammengeschweißt.[3]

   

 

Rührreibgeschweißter Alstom Citadis Spirit in Ottawa, Kanada

Rührreibgeschweißter Alstom Citadis Spirit in Ottawa, Kanada

© *YoungjinCC BY -SA 3.0

    


Spezialprojekte bei SBB: Rühreibschweißen von Alu-Dächern

    

© SBB , 17. Okt. 2018


Die Paneele für die Wagenkästen werden rührreibgeschweißt, maschinell bearbeitet, und dann mit den Lichtbogenschweißverfahren MIG und WIG komplettiert sowie mit Flüssiglack beschichtet.[3]

 

SBB ging 2015 eine Partnerschaft mit der Universität von Québec in Chicoutimi (UQAC) ein, auf der FSW-Maschine die Dächer der von Alstom hergestellten Stadtbahnwagen anfangs reibrührgeschweißt wurden.

   

Seit 2019 wird das FSW-Verfahren auf einem der CNC-Bearbeitungszentren in SBBs Werk in Blainville installiert.[4] Die Schweißnahtqualität der Pavillon genannten Wagenkästen wird laut Kundespezifikation zu 100 % mit Röntgen-, Ultraschall-, Magnetpulver- und Durchdringungsflüssigkeitsprüfungen untersucht.[3]

    

Quellennachweise

  1. Simon P Smiler: Passenger Train Variations - A series of pages which look at different types of passenger trains as defined by the type of service they are designed to provide.
       
  2. Toshiyuki Hirashima, Tomonori Umebayashi, Makoto Taguchi, Naomasa Shimoyama, Mitsuhiro Kamioka, Takeo Marutani, Takayuki Murata und Hideki Hiramatsu: Car Body Shells with Beautiful Skin-Made by Laser Weld or Friction Spot Joining. Kawasaki Technical Review, Special Issue on Rolling Stock Engineering No. 160.
        
  3. SSB: Fabrication of aluminum roofs for light rail wagons, the Citadis Spirit of Alstom in Ottawa.

  4. SBB: Advantages of Friction Stir Welding (FSW). 30. August 2020.
     
      
  5. British Rail Class 385 auf der englischsprachigen Wikipedia.

  6. Hitachi: A-train - the new basic. (Archivierte Version vom 3. November 2006).