Elin-Hafergut-Verfahren


Um 1938 in Österreich erfundenes halbautomatisches Lichtbogenschweißen mit bis zu 2 m langen Stabelektroden unter einer Kupferschiene

Das Elin-Hafergut-Verfahren (englisch: Firecracker Welding) wurde von Georg Hafergut um 1938 in Österreich erfunden und anschließend etwas abgewandelt. Dabei wurden bis zu 2 m lange mit Flussmittel umhüllte Stabelektroden selbsttätig ohne mechanische Einrichtungen abschmolzen. Die Elektrode wurde ihrer Länge nach auf die den Gegenpol bildende Naht gelegt, an ihrem blanken Ende an die Stromquelle angeklemmt und am Gegenende gezündet.
  
Das selbständig ablaufende Lichtbogenschweißverfahren benötigte keine besondere Handfertigkeit des Schweißers und war zum Zeitpunkt seiner Erfindung das einzige, das mit einer liegenden Elektrode arbeitete. Es besaß anfangs jedoch so viele Nachteile, dass es keine signifikante praktische Bedeutung erlangte.
  
Die Elektrode hob sich mitunter ab, weil sie sich durch den ohmschen Widerstand ihres Kernes verbog, der Lichtbogen brannte unruhig und riss immer wieder ab, der Einbrand war nur gering.[1]

   

Verbesserung durch Kupferschienen (1938)

Elin-Hafergut-Verfahren: Links die Anordnung bei V-Nähten und rechts beim ein- oder auch doppelseitig gleichzeitigen Schweißen von Kehlnähten. Zwischen Werkstück, Elektrode und Abdeckschiene soll durch geeignete Rillenbildung in letzter ein Hohlraum belassen werden, der die beim Schmelzen entstehende Schlacke aufzunehmen kann.[1]

© AluStir

   

Hafergut verbesserte das Verfahren, indem er über die in der Abbildung gezeigte mit Flussmittel umüllte Stablektrode eine mit dem Werkstück gut verspannte, profilierte Kupferschiene legte, die ein Verbiegen der Elektrode verhinderte und den Luftzutritt verminderte.[2] Andere Metalle eigneten sich nicht für die Herstellung der Abdeckschiene. Die Schiene konnte, wie in der Abbildung gezeigt wird, an allen vier Ecken mit Rillen verschiedenen Radien versehen sein, um sie für verschiedene Elektroden mit 2 bis 10 mm Durchmesser verwenden zu können.
  
Ein zwischen Elektrode und Werkstück eingeklemmter Papierstreifen, z. B. aus Packpapier verbesserte das Schweißergebnis und die Betriebssicherheit. Durch diese Anordnung wurde neben einem besseren Einbrand ein durch den geschlossenen Kanal bedingter gleichmäßiger Fluss der Schmelze und Schlacke bewirkt. Dadurch wurde die Lichtbogenlänge konstant gehalten, so dass Nähte mit einer sonst nur von Schweißautomaten erreichbaren Gleichmäßigkeit erzielt werden konnten.

 

Der linke Teil der Abbildung veranschaulicht die Anordnung bei V-Nähten, der rechte Teil die Anordnung beim ein- oder auch doppelseitig gleichzeitigen Schweißen von Kehlnähten. Zwischen Werkstück, Elektrode und Abdeckschiene soll durch geeignete Rillenbildung in letzter ein Hohlraum belassen werden, der die beim Schmelzen entstehende Schlacke aufzunehmen kann.[1] 
   

Elin-Hafergut-Verfahren in Wannnenlage nach Dag Du Rietz und Helmut Koch
Elin-Hafergut-Verfahren in Wannnenlage nach Rietz und Koch © AluStir

Falls möglich sollte der Träger beim Schweißen so gedreht werden, dass die Kehle in Wannenlage liegt.[3]

 
Wenn mit Gleichstrom gearbeitet wird, sind Polarität und Stromstärke etwa die gleichen wie beim E-Handschweißen. In der Praxis hat sich aber Wechselstrom am besten bewährt, weil hierbei die sich ungünstig auswirkende Ablenkung des Lichtbogens infolge der Blaswirkung am geringsten ist.
  
Da die Elektroden nicht mit höherem Strom als bei der Handschweißung belastet werden können, war dieses Verfahren nur dann wirtschaftlich, wenn durch geeignete Vorrichtungen ein Schweißer mehrere Schweißstellen gleichzeitig bedienen konnte. Es war nur dort von Bedeutung, wo  Massengütern verschweißt wurden, deren Nähte nicht zum E-Handschweißen zugänglich waren.[1]

   

Vorteile

  • Das Verfahren ist halbautomatisch
  • Keine besondere Handfertigkeit des Bedieners erforderlich
  • Die erforderliche Ausrüstung ist einfach und billig wie die beim E-Handschweißen
  • Schneller als das E-Handschweißen, da die Elektroden nicht gewechselt werden müssen
  • Porosität und Schlackeneinschluss der fertigen Schweißnaht werden reduziert, da die Elektroden­positio­nierung konsistent und genau ist
  • Das Verfahren kann an unzugäng­lichen Stellen und bei schlechter Sicht angewendet werden[4]     

Nachteile

  • Geringer Einbrand
  • Die einlagige Schweißraupe kann keinen größeren Querschnitt als der Metallstab der Elektrode haben, da nicht gependelt werden kann
  • Mehrlagige Schweißnähte waren nicht üblich
  • Das Verfahren ist auf gerade Schweißnähte in horizontaler Lage beschränkt[4]

Anwendungsbeispiel (1950)

  • Für die 1950–51 gebaute Rheinbrücke Düsseldorf–Neuss (heute: Josef-Kardinal-Frings-Brücke) wurden Unterpulverschweißen nach Ellira und Lichtbogenschweißen nach Elin-Hafergut in großem Umfang eingesetzt. Vor dem eigentlichen Zusammenbau der großen Brücknteile wurden die aus Steg mit Gurt bestehenden Aussteifungen der Seitenwände und die Querträger der Fahrbahnplatten nach Elin-Hafergut geschweißt. Die amtliche Bezeichnung des Stahls lautete "Baustahl St 50 mit erhöhter Streckgrenze", abgekürzt "St 50 m. e. S.". Die Reinische Röhrenwerke AG beszeichneten ihn als "H.S.B. 50" (hochwertiger schweißunempfindlicher Baustahl).[5]

Wissenschaftliche Untersuchung in den USA (1975)

R.M. Evans und R.P. Meister von Batelle Columbus Laboratories führten 1975 im Auftrag der Bethlehem Steel Corporation und mit Unterstützung der U.S. Maritime eine umfassende Studie durch. Sie konnten erfolgreich horizontale Kehl- und Rillenschweißnähte herstellen, sowohl mit Einfach- als auch mit Mehrfachdurchlaufsicken. Die Schlussfolgerungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die Standardelektrode AWS E6027 erzeugte in einer Lage eine gleichmäßige Kehlnaht-Raupe mit einem a-Maß von 8 mm (5/16 Zoll) und einer Länge von bis zu 1500 mm (60 Zoll).
  • Wechselstrom wird bevorzugt.
  • Die Schweißströme beim Feuerwerkschweißen sind deutlich niedriger als beim konventionellen Stabschweißen. Die Spannung ist folglich höher (30-40V).
  • Kommerzielles Glasfilament-Klebeband kann für Schweißnähte bis zu einer Länge von mindestens 600 mm (24 Zoll) verwendet werden. Ein nicht kommerzielles Band war für Schweißnähte bis zu einer Länge von 1500 mm (60 Zoll) geeignet.
  • Mechanische Niederhaltesysteme, Kupferblöcke mit Nuten und magnetische Niederhaltesysteme können ebenfalls verwendet werden.
  • Firecracker-Schweißnähte können über Heftschweißungen ausgeführt werden, wenn die Größe der Heftlage weniger als 6 mm (1/4 Zoll) beträgt.
  • Mehrlagige Kehlnähte können durch Firecracker-Schweißen hergestellt werden, wenn Elektroden mit unterschiedlichen Durchmessern verwendet werden
  • Lichtbogeninstabilität und Spritzer werden stark erhöht, wenn ein Primer vorhanden ist.
  • Bei Stumpfnähten sollten etwas höhere Schweißströme, niedrigere Spannungen und höhere Leistungen als bei Kehlnähten verwendet werden.
  • Die bevorzugte V-Nut für Stumpfnähte hat einen eingeschlossenen Winkel von 60° und einen Wurzelspalt von 6,3 mm (1/4 Zoll) mit einem flachen Stahlstab als Unterlage.
  • Die Probleme beim Starten, Stoppen und Wiederinitiieren einer Kehlnaht ähneln denen beim konventionellen E-Handschweißen und erfordern eine geeignete Vorbereitung des Kraters am Ende der Schweißraupe.
  • Durch allmähliches Reduzieren des Schweißstroms am Ende der Naht wird zwar eine zufriedenstellende Kraterfüllung erreicht aber ein Hohlraum an der Wurzel erzeugt.

Empfehlungen für weitere Untersuchungen (1975)

Die Durchführung von weiteren Studien wurden 1975 wie folgt empfohlen:[5]

  • Untersuchung und Verbesserung der Flussmittelzusammensetzungen
  • Entwicklung und Bewertung Sie eines Klebebands zum Niederhalten der Elektrode 
  • Untersuchung der Vorteile der Formgebung des Elektrodenkerns
  • Entwicklung verfeinerter Methoden zum Beenden und Wiederanfangen von Schweißraupen
  • Verbesserung der Endkonfiguration von Knallnähten hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften
  • Entwicklung von Verfahren für Elektroden mit größerem Durchmesser, z.B. 1/4-Zoll (8 mm)
  • Entwicklung von Methoden zur Vergrößerung von Heftschweißungen[5]
  • Entwicklung von Verfahren für vertikale Schweißnähte, um ihre Größe zu vergrößern und ihre Konkavität zu minimieren
  • Bewertung der Auswirkungen des Einsatzes moderner Stromquellen

Patent

Quellennachweise

  1. Paul Schimpke und Hans A. Horn (Technischer Überwachungsverein Berlin): Praktisches Handbuch der gesamten Schweißtechnik: Zweiter Band, Elektrische Schweißtechnik. Springer Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg, 1950. S. 152.
       
  2. Schiffbautechnische Gesellschaft, Berlin: Jahrbuch der Schiffbautechnischen
    Gesellschaft: im Fachverband „Schiffahrtstechnik“ des NS-Bundes Deutscher Technik.
    Band 43. Deutsche Verlagswerke Strauß, Vetter & Co, Berlin, 1942. S. 208.
       
  3. Dag Du Rietz, Helmut Koch: Praktisches Handbuch der Lichtbogenschweissung. Springer-Verlag, 1948.
       
  4. Firecracker Welding auf der englischsprachigen Wikipedia.
       
  5. Denkschrift zum Wiederaufbau der Rheinbrücke Düsseldorf-Neuss 1950–1951. Herausgegeben von Stadt Düsseldorf. S. 47.

  6. R.M. Evans and R.P. Meister (Batelle Columbus Laboratories für die
    Bethlehem Steel Corporation und mit der Unterstützung der U. S. Maritime
    Administration): Applicability of firecracker welding to ship production. 31. Juli 1975. Abgerufen am 14. Juni 2020.