TWI: Elektronenstrahl-Bewertungs-Sonden

Elektronenstrahl-Charakterisierungs-Verfahren und -Vorrichtungen für Elektronenstrahlschweißmaschinen


Deutsche Übersetzung von Stephan W. Kallee<1> der englischen Veröffentlichung von Aman Kaur<2><3>*Colin Ribton<3> und W. Balachandaran<2>: Electron beam characterisation methods and devices for welding equipment

In: Journal of Materials Processing Technology, Band 221, Juli 2015, S. 225-232

 

<1> AluStir, Im Unterdorf 19, 63826 Geiselbach, Germany

<2> College of Engineering Design and Physical Sciences, Brunel University, Uxbridge, Middlesex UB8 3PH, UK
<3> TWI Ltd., Granta Park, Great Abington, Cambridge CB21 6AL, UK

*Korrespondierender Autor: aman.kaur@brunel.ac.uk (A. Kaur), College of Engineering Design and Physical Sciences, Brunel University, Uxbridge, Middlesex UB8 3PH, UK Tel.: +44 7506807199.

 

DOI: https://doi.org/10.1016/j.jmatprotec.2015.02.024

Zusammenfassung

Prototyp der Zwei-Schlitz-Sonde

Bild 1: Prototyp der Zwei-Schlitz-Sonde

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Insbesondere die Luft- und Raumfahrtindustrie stellt hohe Qualitätsanforderungen an die Herstellung und legt daher großen Wert auf die kritische Überwachung der Herstellungsprozesse sowie die Inspektion von Bauteilen und Baugruppen. Das Elektronenstrahlschweißen wird aufgrund seiner inhärenten Vorteile gegenüber anderen Verfahren zunehmend für qualitätskritische Anwendungen, insbesondere für das Schweißen von Titan, eingesetzt. Um sicherzustellen, dass die Strahlqualität für solche Anwendungen erhalten bleibt, muss der Elektronenstrahl selbst untersucht werden, anstatt nur die Prozessparameter zu überwachen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Entwicklung des in Bild 1 dargestellten, neuartigen Zwei-Schlitz-Strahlprüfsystems, das einfach aufgebaut ist und für Hochleistungsschweiß­anwendungen eingesetzt werden kann. Es wurde festgestellt, dass selbst kleine Änderungen innerhalb der Elektronenstrahlquelle zu große Variationen der Elektronenstrahl-Eigenschaften hervorrufen können, um ein vorhersehbare Schweiß- oder Materialbearbeitungsergebnis zu erzielen. Eine genaue Überwachung der Strahlcharakteristik ist erforderlich, um die Qualitätssicherung zu verbessern, die Übertragung zwischen Elektronstrahl-Materialbearbeitungs-Maschinen zu ermöglichen und eine genaue Bewertung neuer Produktionsanlagen sicherzustellen.
   

Schlüsselwörter

Elektronenstrahlschweißen, Sonden, Scharfer Fokus, Qualitätskontrolle

   

1. Einführung

Das Elektronenstrahlschweißen ist für die Fertigung mit hoher Integrität weit verbreitet, insbesondere in Branchen wie der Luft- und Raumfahrt. Das Elektronenstrahlschweißen ist ein Schmelzschweißverfahren, bei dem ein schmaler Strahl von Elektronen mit hoher Geschwindigkeit verwendet wird, um Metallteile miteinander zu verschweißen. Die Werkstücke schmelzen, wenn die kinetische Energie der Elektronen beim Aufprall in Wärme umgewandelt wird. Das Schweißen wird oft im Vakuum durchgeführt, um eine Streuung des Elektronenstrahls zu verhindern (EWF, 2007) und um eine Oxidation des Hochtemperaturmetalls zu vermeiden. Aufgrund der hohen Energiedichte ist es in der Lage, ein tiefes und enges Key Hole zu bilden, was zu tiefen und engen Schweißnähten führt. Houldcroft und John (2001) veröffentlichten, dass Elektronenstrahl­schweiß­maschinen mit einer Leistung von bis zu 100 kW verfügbar sind. Nach Schultz (1994) liegt der größte Vorteil des Elektronenstrahlschweißens darin, dass es Stahlplatten von 0,5 mm bis zu 300 mm Dicke in einem einzigen Durchgang schweißen kann und dass damit sehr hohe Schweißgeschwindigkeiten erreicht werden können.

   

Titan oder Titanlegierungen sind wegen ihres hohen Festigkeits-/Gewichts­-Verhältnisses und ihrer ausgezeichneten Korrosionsbeständigkeit die am häufigsten verwendeten Werkstoffe in der Luft- und Raumfahrt. Da Elektronenstrahlschweißen im Vakuum durchgeführt wird, ist das hochreaktive geschmolzene oder feste, aber heiße Titan auch weniger anfällig für Oxidation oder Verunreinigungen. Um ein schmale und tiefe Schweißnähte zu erzielen, ist es unerlässlich, den Strahl sehr genau auf das Werkstück zu fokussieren. Die Fokuslage des Strahls in der Elektronenstrahlschweißen ist jedoch von verschiedenen Parametern und der Genauigkeit der Elektronenstrahlquelle abhängig. Wie in AWS (2004) beschrieben, wird der Fokus beim Elektronen­strahl­schweißen typischerweise durch die Steuerung der Beschleunigungsspannung, des Strahlstroms, des Fokusspulenstroms, der Vakuumniveaus in der Strahlquelle und in der Kammer sowie des Arbeitsabstands erreicht. Diese Parameter steuern schließlich die Strahlleistungsdichte. Daher werden diese Parameter während des Schweißprozess genau geregelt. Zusätzlich zu diesen Parametern können auch die Erosion der Kathode im Laufe der Zeit sowie Änderungen in der Ausrichtung verschiedener magnetischer Linsen usw. zu Schwankungen der Strahlleistungsdichte führen. Der Oberflächenfokus des Strahls bei niedrigen Strahlstromstärken wird in der Regel vor dem Schweißen von den Maschinenbedienern überprüft. Elmer (2009) wies darauf hin, dass dieser von Bediener zu Bediener und von Maschine zu Maschine erheblich variieren kann. Diese Beobachtung wurde auch von Giedt und Tallerico (1988) gemacht, die feststellten, dass es allein aufgrund der manuellen Fokuseinstellung durch verschiedene Bediener zu Abweichungen in der Schweißtiefe von ±20% bis ±40% kommen kann. Daher ist diese Methode zur Identifizierung des Oberflächenfokus sehr subjektiv. Im Gegensatz dazu ist es in der Luft- und Raumfahrtindustrie erforderlich, dass die Schweißnähte zuverlässig, konsistent und reproduzierbar sind. Im Falle von Flugzeugtriebwerkskomponenten kann der Komponentenwert vor dem Schweißen beispielsweise mehr als 110.000 € (100.000 £) betragen, und folglich können die Kosten für Nacharbeit oder Ausschuss aufgrund von Schweißfehlern sehr hoch sein. Dies wiederum erfordert eine Qualitätssicherungs-Methode für Elektronenstrahlschweißmaschinen, die unmittelbar vor dem Schweißen der Komponenten eingesetzt werden kann.

   

Es gibt verschiedene Methoden, die die Strahlqualität garantieren. Mcnabb (1969) schlug als eine der klassischen Methoden empirische Tests an Musterstücken vor. Das ist in vielen Anwendungen eine zufriedenstellende Methode, da sie eine nahezu binäre Testausgabe liefert, d.h. "bestanden" oder "nicht bestanden". Sie bewertet jedoch nicht den Zustand der Maschine im Hinblick auf die relative Toleranz des Prozesses. Wenn der Test fehlschlägt, ist der Grund dafür nicht klar, und somit gibt es keinen Hinweis auf eine Änderung der Prozessparameter oder der Maschineneinstellung. Es ist außerdem eine sehr zeitaufwendige Methode. Häufig sind die zu schweißenden Teile sehr teuer, insbesondere in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Daher ist diese Methode für Produktionsumgebungen nicht ideal. 

 

Elektronenstrahl-Bewertungs-Sonden bieten potenziell sowohl eine Sicherung der Strahlqualität als auch der Reproduzierbarkeit, indem die Strahleigenschaften wie Strahlstrom, Strahlstromdichteverteilung, Strahlbreite, Strahlhelligkeit usw. gemessen werden. Die Reproduzierbarkeit eines Strahls mit den gleichen Eigenschaften ist wesentlich, um sicherzustellen, dass die Maschinenleistung erhalten bleibt und die Schweißprozesse von einer Maschine auf eine andere übertragen werden können. In diesem Beitrag werden die verschiedenen Sonden-Arten vorgestellt, die im Laufe der Zeit speziell für Schweißanwendungen entwickelt wurden, sowie die Entwicklung der Zwei-Schlitz-Sonde am TWI beschrieben. 

   

2. Grundlagen der Strahlsonden

Sanderson und Adams (1970) stellten fest, dass für Schweißzwecke der Strahl­durch­messer im Fokus, die Verteilung der Strahlenergiedichte und die Konvergenzgeschwin­dig­keit des Elektronenstrahls die wichtigsten Strahlparameter sind. Die Strahlcharakterisierung erfolgt im Allgemeinen durch Messung des vom Strahl transportierten Stroms - entweder des gesamten Strahlstroms oder eines Teils des Strahls. Dieser kann auf verschiedene Weise gemessen werden.

 

Das Grundgerät, das zur Messung des Stroms des geladenen Teilchens verwendet wird, ist ein metallischer leitender Becher, der die Elektronen des Strahls sammelt und nach Michael Faraday, der um 1830 die ersten Theorien über Ionen aufgestellt hat, Faraday-Becher (englisch: Faraday Cup, FC) genannt wird. In der einfachsten Form besteht ein Faraday-Becher aus einem leitenden metallischen Becher, der Elektronen in einem Vakuum sammelt. Der dabei fließende Strom kann durch einfache Messung des Spannungsabfalls gemessen werden, der in einem zwischen Becher und Erde geschalteten Widerstand entsteht. Anstelle eines Faraday-Bechers kann auch ein Metalldraht verwendet werden, um einen Teil des Strahlstroms zu messen, indem der Strahl über den Draht geführt wird. Auch hier kann der durch den Draht absorbierte Strom gemessen werden, indem der Spannungsabfall an einem zwischen Draht und Erde geschalteten Widerstand gemessen wird. In der in den folgenden Abschnitten zitierten Literatur gibt es viele Variationen von Faraday-Bechern und Draht-Systemen, die für die Strahlstrommessungen verwendet werden.

 

Wie Wojcicki und Mladenov (2000) erwähnten, besteht das Hauptproblem bei dieser Art der Strommessung, insbesondere bei Hochleistungselektronenstrahlen, darin, dass der Strahlstrom in einem sehr kleinen Bereich konzentriert ist. Wenn er auf ein Messgerät fokussiert wird, kann er dieses in sehr kurzer Zeit beschädigen. Um dieses Problem zu überwinden, haben Sandstrom et al. (1970) vorgeschlagen, dass das Messgerät den Elektronenstrahl mit einem sehr kurzen Tastverhältnis abtasten oder so konstruiert sein sollte, dass die hohe Leistungsdichte abgeleitet wird. Die Norm ISO 14744-3 der British Standard Institution (2013) schlägt ebenfalls vor, kurze Messzeiten mit langen Kühlintervallen einzusetzen oder wassergekühlte Faraday-Becher zu verwenden, um die Messfehler zu vermeiden, die durch die Dissipation geladener Ionen über den großen Fusionsbereich der Faraday-Bechers bei der Messung hoher Strahlströme verursacht werden. Daher basieren die meisten der verfügbaren Methoden auf der Abtastung des Strahls mit kurzer Einschaltdauer. Die verwendeten Methoden hängen auch davon ab, ob der Sensor zur Messung des vollen Strahlstroms oder eines Teils des Strahlstroms verwendet wird, um die Strahleigenschaften wie Strahlbreite, Stromdichte­verteilung usw. zu charakterisieren. Diese Methoden umfassen die Anordnungen, entweder den Strahl über das Sensorelement abzulenken oder den Sensor mit hohen Geschwindig­keiten über den Strahl zu bewegen, um den darin enthaltenen Strom zu erfassen. Dabei handelt es sich meist um Schlitz-Sonden, Lochblenden-Sonden oder rotierende Draht-Sonden.

   

2.1. Schlitz-Sonden

Wie Nello (2001) diskutiert, wird bei der Schlitzprobenmethode der Strahl über einen oder mehrere schmale Schlitze mit sehr hoher Geschwindigkeit abgelenkt. Die Schlitzsonde besteht aus einer Platte aus hochschmelzendem Metall, durch die ein kleiner Teil des Strahlstroms fließt, wenn er über den Schlitz abgelenkt wird. Dieser Strom wird von dem Faraday-Becher unter dem Schlitz gesammelt. Das Schema eines Schlitzsondensystems ist in Bild 2 dargestellt. Die Strahlablenkung kann durch Manipulation des elektrischen Stroms durch einen Satz Magnetspulen am Ende der Kanonensäule erreicht werden. In bestimmten Fällen können die Ablenkspulen als Teil eines speziellen Sondensystems am Ende der Kanonensäule angebracht werden. Durch Einstellung der Ablenkungsgeschwindigkeit und -größe kann der Strahlengang so angepasst werden, dass er über den Sensor der Sonde verläuft.

   

Schematische Darstellung einer Schlitz-Sonde: Elektronenstrahl, Ablenkspule, Schlitz, Faraday-Becher und Spannungsabfallmessung am Widerstand sowie typisches Signal

Bild 2: Schematische Darstellung einer Schlitz-Sonde: Elek­tro­nen­strahl, Ablenkspule, Schlitz, Faraday-Becher und Spannungs­abfall­messung in Volt am Widerstand sowie typisches Signal

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Diese Methode der Strahlsondierung kann mit einer potenziell einfachen und kompakten Hardware realisiert werden. Diese Methode weist auch eine gute Immunität gegen elektrisches Rauschen und Signalverschlechterung auf, die aufgrund von Rückstreuung auftreten können, da der Sensor gekapselt und abgeschirmt ist.

   

Diese Methode weist auch eine gute Immunität gegen elektrisches Rauschen und Signalverschlechterung auf, die aufgrund von Rückstreuung auftreten können, da der Sensor gekapselt und abgeschirmt ist.

   

2.2. Lochblenden-Sonden

Die Methode der Lochblendensonden basiert auf einer ähnlichen Technik wie die Schlitzsonden. Anstelle des Schlitzes wird jedoch eine Lochblende mit kleinem Durchmesser verwendet. Der Elektronenstrahl wird in einem Raster über das Loch gescannt, wie in Bild 3 dargestellt wird. Die Größe der Lochblende ist im Vergleich zum kleinsten Strahldurchmesser sehr klein. Die Größe der Lochblende ist ein kleiner Bruchteil des minimalen Strahldurchmessers, um eine brauchbare Auflösung zu erhalten, und Rasterabtastungen von hoher Genauigkeit und Präzision sind über die Lochblende erforderlich.
     

Bild 3: Schematische Darstellung einer Lochblenden-Sonde: 
Elektronenstrahl, Ablenkspule, Lochblende und Spannungs­abfall­messung in Volt am Widerstand sowie typisches Signal

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Nach Nello (2001) ist das Spannungssignal aufgrund der kleinen Lochgröße und der typischen Stromdichte in für die Materialbearbeitung verwendeten Elektronenstrahlen sehr klein, so dass in der Regel eine Verstärkung der Signale erforderlich ist. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass das Loch entweder durch Trümmer blockiert wird, was zu einem Signalverlust und einer Veränderung des gemessenen Stroms führt, oder dass die Lochränder durch den Strahl geschmolzen werden, was zu einer verringerten Auflösung führt.

   

2.3. Rotierende Draht-Sonden

Sanderson und Adams (1970) entwickelten eine rotierende Draht-Sonde. Bei der Methode der rotierenden Draht-Sonde werden ein oder mehrere Drähte aus hochschmelzendem Metall verwendet, die an einem Arm montiert sind, der mit hoher Geschwindigkeit durch den Elektronenstrahl gedreht wird. Abb. 4 zeigt ein rotierendes Drahtsondensystem mit mehreren Drähten. Das von den Drähten aufgenommene Stromsignal gibt qualitative Informationen über die Form und Stromverteilung des Strahls und misst quantitativ die Strahlbreite. Die begrenzenden Faktoren für Strahlen mit hoher Leistung/Intensität sind der Drahtdurchmesser, die Drahtdurchlaufgeschwindigkeit und das auf die Drähte angewendete thermische Tastverhältnis. Im Vakuum sind relativ hohe Drahtdurchlaufgeschwindigkeiten ohne einen Antriebsmotor mit hoher Leistung möglich. Die Drähte sehen jedoch selbst mit einem möglichst langen Arm eine relativ hohe Einschaltdauer, und typische Schweißstrahlen beginnen die Drähte bei Leistungen von 30 kW oder weniger zu beschädigen und durchtrennen sie dann.
   

Bild 4: Schematische Darstellung einer rotierenden Draht-Sonde: 

Elektronenstrahl, Ablenkspule, Drähte, Dreh­geschwindig­keit

~2000U/min und Spannungsabfallmessung am Widerstand

sowie typisches Signal

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Der Hauptvorteil dieser Technik liegt in ihrer Einfachheit und Vielseitigkeit; fast jede Elektronenstrahlschweißmaschine kann diese Art von Gerät aufnehmen, da keine Strahlablenkung mit hoher Geschwindigkeit erforderlich ist. Andererseits müssen aber für die Messung, d.h. für die Signalübertragung und den Motorantrieb, mehrere Drähte aus der Vakuumkammer herausgeführt werden, was nicht bei allen Maschinen möglich ist.

   

Ein Nachteil dieser Technik ist, dass die Mess-Sonde relativ groß ist, so dass ein routinemäßiges Sondieren unmittelbar vor dem Schweißen oder einer anderen Bearbeitung, insbesondere in kleinen Kammern, unter Umständen nicht möglich ist. Ein weiterer Nachteil ist, dass vor einer signifikanten Beschädigung des Drahtes einige positive Ionen freigesetzt werden können, wodurch ein möglicherweise irreführendes Signal von intensiveren Strahlen entsteht. Darüber hinaus geht ein beträchtlicher Anteil der auf die Sondendrähte auftreffenden Elektronen durch Rückstreuung verloren, weshalb das Gerät hinsichtlich der Stromstärken nicht quantitativ eingesetzt werden kann. Dennoch bleibt es ein sehr nützliches Werkzeug.

   

3. Entwicklung der Strahlsondensysteme

Die oben genannten Strahlsonden können in Kombinationen oder mit verschiedenen Modifikationen der Grundausführungen verwendet werden. Prudnikov et al. (1974) diskutierten die Konstruktionsmerkmale und Eigenschaften einer Vorrichtung, die auf der Abtastung des Strahls mit einer dünnen Metallsonde basiert, um das Strahlprofil und die Position geladener Teilchen zu bestimmen. Das Drahtsondensystem wurde auch von Ragheb und Zakhary (2000) verwendet, um die Variationen von Strahlstrom, Strahlperveanz (d.h. ein Maß für die relative Aufweitung des Elektronenstrahls: Zunahme seines Durchmessers pro Länge), Strahlprofil und Strahlemittanz (d.h. das Produkt aus Winkeldivergenz und Querschnittsfläche des Elekronenstrahls) mit der Extraktionsspannung zu untersuchen. Dilthey et al. (1997) stellten das DIABEAM-System vor, das eine Lochblende zur Abschätzung der Strahlleistungsdichteverteilung zusammen mit zwei parallelen Schlitzen zur Bewertung der Ablenkgeschwindigkeit verwendet. Dilthey et al. (2001) nahmen in ihr neues System auch eine rotierende Sonde als Teil des Systems auf, um Effekte auf die Messung der Leistungsdichteverteilung aufgrund der Metallionen zu berücksichtigen. Ein Nachteil der Verwendung von Schlitzen oder der Methode mit rotierendem Draht ist jedoch, dass sie die Messungen nur in einer Achse durchführen.

 

Berte und Legrand (1981) verwendeten eine Matrix oder ein Array aus m × n leitenden Elementen, um die Stromdichte eines Strahls geladener Teilchen zu messen. Die leitenden Elemente von zylindrischer Form wurden verwendet, um die geladenen Teilchen zu sammeln. Mit dieser Konstruktion der Sonde war es möglich, die Stromdichte des Strahls an verschiedenen Punkten seines Querschnitts gleichzeitig anzuzeigen. Darling et al. (2005) entwickelten auch ein Faraday-Cup-Detektor-Array (FCDA), indem sie die fortschrittlichen Mikrofertigungstechniken nutzten, die in Massenspektrometern verwendet werden. Ihr Design basierte auf den Anforderungen, dass der FCDA eine feine Teilung von weniger als einem mm von Becher zu Becher haben muss, einen hohen Füllfaktor aufweisen muss, die Verbindungen zwischen Bechern und elektronischer Schaltung geringe Leckage-Wege aufweisen müssen und die Becher ein hohes Aspektverhältnis aufweisen müssen, d.h. viel tiefer als breit sein müssen, um die Emission von reflektierten oder Sekundärelektronen zu reduzieren.

 

Im Falle eines kreisförmigen Strahls, der parallel zur Vorderkante des Faraday-Bechers ist, kann ein Standard-Faraday-Becher-Design gute Ergebnisse liefern. Bei anderen Formen als dem kreisförmigen Strahl, z.B. streifenförmigen Strahlen, können die Strahlparameter jedoch nicht genau gemessen werden. Auch Hayafuji (1986) fand heraus, dass die erzielten Ergebnisse nicht genau sind, wenn Strahlen, die über eine BZ gescannt werden, nicht parallel zur Vorderkante verlaufen oder wenn die Größe des Streifenquerschnitts größer als die Öffnung des Faraday-Bechers ist. Er entwickelte ein Gerät, das aus einer Anzahl von Schalen bestand, die entlang der Länge des Strahlquerschnitts verteilt waren, um die Stromverteilung in dieser Richtung zu messen.

 

Hicken et al. (1991) entwickelten einen Schmalschlitz-Faraday-Becher unter Verwendung von zwei Wolframplatten, die oben auf einem Kupferkörper montiert waren. Der Strahl wurde über die Platte abgelenkt und die Variation des Stromflusses durch den Schlitz als Maß für die Stromdichteverteilung im Strahl gemessen. Diese Methode war für kreisförmige Strahlen recht nützlich. Zur Messung der Strahlprofile von unregelmäßig geformten Strahlen verwendeten Elmer et al. (1996) den Faraday-Becher mit Schlitz und nannten ihn Modified Faraday Cup (MFC). Der Strahl wurde mehrere Male über den Schlitz bewegt und der gesammelte Strom mit einem Oszilloskop aufgezeichnet. Dann wurde der Becher mit Hilfe der Schrittmotoren an andere Stellen bewegt, und dasselbe Verfahren wurde wiederholt, um die Information über den Strahlstrom an verschiedenen Stellen zu erhalten. Diese Messungen wurden dann verwendet, um die Wellenformen mit Hilfe einer tomographischen Technik zu rekonstruieren, um die Oberflächendiagramme der Leistungsdichteverteilung des Elektronenstrahls zu erzeugen. Elmer et al. (1993) haben auch die Leistung bandförmiger und haarnadelförmiger Filamente im Hinblick auf ihre Spitzenleistungsdichte und Leistungsdichteverteilungen verglichen.

 

Giedt und Campiotti (1996) entwickelten ein Elektronenstrahl-Fokussierungssystem, bei dem zur Messung des Strahldurchmessers eine 4-Schlitz-Strahlfalle über dem Faraday-Becher verwendet wird. Der Strahl wurde über den Detektor geführt und es waren mindestens zwei Schlitzdaten erforderlich, um das Profil des Strahlstroms zu bestimmen. Die Strahlfalle hatte auch ein Loch in der Mitte, das größer als die Größe des Strahls war, um den Spitzenstrom zu messen. Das Fokussierungssystem umfasste ein digitales Speicheroszilloskop zur Digitalisierung und Speicherung der Daten, die zur Berechnung des Strahlprofils verwendet wurden. Diese Informationen wurden verwendet, um die Ströme der Fokussierungsspule automatisch zu steuern. Elmer und Teruya (1998) entwickelten eine schnelle Methode zur Messung der Leistungs­dichte­verteilung eines Elektronenstrahls unter Verwendung einer Scheibe aus hochschmelzendem Metall auf der Grundlage der oben genannten Konzepte. Die Scheibe hatte 17 radiale Schlitze mit gleichmäßigem Abstand. Anstatt den Becher an verschiedene Stellen zu bewegen, wurde der Strahl über die Scheibe in einem kreisförmigen Muster abgelenkt, um die aktuellen Informationen zu erhalten.

 

Elmer und Teruya (2001) stellten ein verbessertes Design des MFC vor, um die Fehlerquellen in ihrem früheren Design zu überwinden, und nannten es den Enhanced Modified Faraday Cup (EMFC). Sie beobachteten den unvollständigen Elektroneneinfang und die Signaldegradation bei wiederholter Verwendung der MFC. Es wurden mehrere Modifikationen am vorherigen Design vorgenommen, einschließlich der Hinzufügung einer weiteren Schlitzscheibe aus Kupfer über dem internen Faraday-Becher, einer Strahlfalle im Inneren des  Faraday-Bechers, eines Graphitrings unter der Kupferschlitzscheibe und einer Graphitscheibe unter der Strahlfalle, um die Anzahl der rückgestreuten Elektronen zu reduzieren, sowie der Verbesserung der Erdung zwischen der Wolframschlitzscheibe und dem äußeren Kupferkörper. Sie änderten auch die Methode zur Erkennung der Ausrichtung des Strahls, indem sie die doppelte Breite durch einen Schlitz mit einem breiteren Winkel ersetzten. Ähnliche Systeme wurden für die Charakterisierung von Hochleistungsstrahlen verwendet, indem leichte Modifikationen an diesem Design vorgenommen wurden, z.B. modifizierten Elmer et al. (2008) das Gerät, indem sie eine Wärmesenke in unmittelbarer Nähe der BZ-Komponenten und ein aktives Kühlsystem mit Wasser vorsahen, um das System vor Überhitzung zu schützen.

 

Peng et al. (2011) entwickelten ein Qualitätstestsystem, das das Steuermodul, das Sensormodul, das Treibermodul und die Analysesoftware auf der Basis eines Hochgeschwindigkeits-CPLD (Complex Programmable Logic Device) umfasst. Das entwickelte System basierte auf einer Lochblende mit einem Faraday-Becher. Sie nannten es ein vierdimensionales System, bei dem die vierte Dimension im Wesentlichen die Variationen der Leistungsdichteverteilungen über verschiedene Arbeitsabstände umfasst. Es gibt auch Hinweise auf die Verwendung des Abbildungssystems mit einer Schlitzmethode, die von Yang et al. (2011) für die Bestimmung der Elektronenstrahldichte verwendet wurde. Die Bilder wurden mit einer CCD-Kamera (Charged Coupled Device) aufgenommen, die unterhalb des Schlitzes angebracht war und sowohl für Röntgenstrahlung als auch für langwelligere Photonen bis in den sichtbaren Bereich empfindlich war.

 

Neben den bereits erwähnten Strahlparametern wird auch der Strahl-Emissionsgrad (Emittance) als ein wichtiger Parameter betrachtet, der die Winkelverteilung der Elektronenbahnen darstellt. Koleva et al. (2014) präsentierten einen Überblick über die Methoden und Geräte zur Messung des Emissionsgrads sowie die Erweiterung der tomographischen Technik, die mit EMFC zur Messung des Emissionsgrads verwendet wird.

   

4. Entwicklung einer Zwei-Schlitz-Elektronenstrahl-Sonde

Die Zwei-Schlitz-Sonde wurde mit zwei senkrecht zueinander stehenden Schlitz-Sondenrohren (englisch: slit probing fingers) entwickelt, wobei die Einschränkungen anderer existierender Arten von Strahlsondierungen berücksichtigt wurden. Der rotierende Messtaster benötigt zu viele elektrische Durchgangsverbindungen, um ihn vielseitig für Tätigkeiten an mehreren Maschinen einzusetzen. Außerdem ist er sehr empfindlich und benötigt Motoren, um ihn mit sehr hohen Geschwindigkeiten zu drehen. Das Lochblenden-Mess-Sondensystem erfordert eine sehr präzise Abtastung des Strahls über die Lochblende in X- und Y-Richtung. Palmer et al. (2011) wiesen auch darauf hin, dass die auf Lochblenden basierenden Systeme von Natur aus unter einem niedrigen Signal-Rausch-Verhältnis leiden. Hinzu kommt, dass Lochblenden-Systeme zwar eine umfassende Analyse der Strahleigenschaften bieten, es aber schwieriger ist, die Lochblenden-Daten zu interpretieren. Die Beschränkung der EMFC mit mehreren Schlitzen besteht darin, dass sie auf Strahlen mit einer Leistung von bis zu etwa 10 kW beschränkt ist. Eine Standard-Einfachschlitzsonde liefert Daten jeweils in einer Richtung und muss neu ausgerichtet werden, um Daten sowohl in X- als auch in Y-Richtung zu erfassen.

 

Die Sonde mit zwei Schlitzen besteht aus Schlitzen aus hochschmelzendem Metall, durch die ein kleiner Teil des Strahlstroms fließt, wenn der Strahl über sie abgelenkt wird. Wenn der Strahl die Schlitze überquert, werden die Elektronen, die die Schlitze durchqueren, unten von einem Faraday-Becher eingefangen und über einen Widerstand in ein entsprechendes Spannungssignal umgewandelt. Bei diesem Design ist das Detektorelement, d.h. der Faraday-Becher, vollständig umschlossen und erhält nur einen kleinen Teil der Strahlleistung. Dies führt zu einer geringeren Signalverschlechterung durch elektrische Rauschaufnahme, Ionenemission, Sekundärelektronenemission und Elektronenrückstreuung. Die verwendete Schlitzbreite beträgt typischerweise 0,1 mm. Je nach den Anforderungen können auch kleinere Schlitzbreiten verwendet werden. Für die Datenanalyse basierten die früheren Geräte auf Oszilloskopen, aber in jüngerer Zeit wurden PC-basierte Datenerfassungssysteme mit hochentwickelter Analysesoftware eingesetzt. Dies erleichtert die Darstellung der Daten in verschiedenen Formen, die je nach den Bedürfnissen der Benutzer angepasst werden können. Die neue Sonde enthält auch einen Faraday-Becher zur Messung des Vollstrahlstroms. Der Aufbau der Zwei-Schlitz-Sonde ist in Bild 4 dargestellt.
   

Bild 4: Prototyp der Zwei-Schlitz-Sonde: Start-Position und sogenannter Beam-Dump (unten rechts), x-Schlitz, Verfahrweg des Elektronenstrahls, Faraday-Becher, y-Schlitz

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Der Strahl wird über die X-Sonde, den Faraday-Becher- und die Y-Sonde abgelenkt, um die mit dem Elektronenstrahl verbundenen Daten zu erfassen. Ein typisches Signal, das empfangen wird, wenn der Strahl über einen geschlitztes Sondenrohr läuft, ist in Bild 5 dargestellt.

      

Bild 5: Typisches Signal eines geschlitzten Sondenrohrs

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Das Signal stellt die Sequenz wie folgt dar:

(a) Der Strahl berührt zuerst das Sondenrohr.

 

(b) Der Strahl berührt zum ersten mal den Schlitz. Der erste Teil des Strahlformsignals wird erzeugt.

 

(c) Der intensivste Teil des Strahls ist über dem Spalt. Es wird ein Signal mit der höchsten Strahlform erzeugt.

 

(d) Der Strahl verlässt den Schlitz. Der letzte Teil des Strahlformsignals wird erzeugt.

 

(e) Letzter Kontakt des Strahls mit dem Sondenrohr.

 

Da die Rohrbreite konstant ist, also aus der Zeitinformation zwischen den Punkten "a" und "e", kann die Geschwindigkeit des Strahlabtastsignals verifiziert werden. Dieses Signal wird in der Software weiter analysiert, und die extrahierten Informationen können in verschiedenen Formen dargestellt werden. Die Software ist in der Lage, den scharfen Fokuspunkt, das Strahlprofil, die Strahlasymmetrie, den Strahldurchmesser und den vollen Strahlstrom zu liefern. Durch Ausführen einer Fokusabtastung über einen Bereich und Erfassen der X- und Y-Daten kann die Strahleinhüllende gemessen werden (Bild 6).

    

Bild 6: 3D-Darstellung einer Fokus-Untersuchung

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Die vollständigen Anzeigen von X oder Y über dem Fokus können in einem einzigen Fenster zum Vergleich oder zur Anzeige der Trends betrachtet werden (Bild 7). Durch Messung der Strahlprofile im Fokus bei verschiedenen Arbeitsabständen kann auch die Helligkeit des Strahls bestimmt werden.

    

Bild 7: 2D-Darstellung mehrerer Signale einer Fokus-Untersuchung

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Die Zwei-Schlitz-Sonde wurde sowohl für Forschungsarbeiten als auch in der Produktion umfassend eingesetzt; eines der Systeme wurde in einer Produktionsstätte für Luft- und Raumfahrt installiert und wird seit mehr als zwei Jahren als Qualitätssicherungs-Werkzeug bei Schweißanwendungen eingesetzt. Es wurde mit zwei Versionen des Sondensystems experimentiert. Eine, die die Strahlablenkung der Elektronenstrahl­schweiß­maschine nutzt, wobei mit einer elektrischen Schnittstelle die Ablenkung durch das Abtastsystem gesteuert werden kann, und die andere ist ein eigenständiges System, das sein eigenes unabhängiges Ablenksystem beinhaltet. Das Abtastsystem wurde für die Charakterisierung von Elektronenstrahlquellen, für die Übertragung von Schweißparametern von einer Maschine zur anderen und als Qualitätssicherungs-Werkzeug in der Produktionsumgebung für scharfe Fokuseinstellungen und andere Diagnosen verwendet.

 

Laborexperimente wurden mit dem Zwei-Spalt-Messtaster über eine Fokusabtastung beim Schweißen von 25 mm dickem Stahl der Güte S420 C-Mn durchgeführt. Die zu diesem Zweck verwendete Elektronenstrahlschweißmaschine war in der Lage, einen Elektronenstrahl von 100 kW, 150 V zu erzeugen. Die Maschine war mit einem Strahlablenkungssystem ausgestattet, das zur Verbesserung der Schweißqualität durch kreisförmige Strahlablenkung eingesetzt werden konnte. In dieser Arbeit wurde während des Schweißens keine Ablenkung verwendet, um die bestmögliche Korrelation der Strahlqualität mit der Schweißqualität ohne die Einführung zusätzlicher Parameter zu erreichen.

 

Während der Versuche wurden einige Parameter fixiert, während andere variiert wurden, um die Trends bei der Leistung des Sondensystems und der daraus resultierenden Variation der Schweißqualität zu erkennen. Die Beschleunigungs­spannung, der Strahlstrom, die Schweißgeschwindigkeit, der Arbeitsabstand und das Vakuumniveau wurden auf 150 kV, 50 mA, 500 mm/min, 230 mm bzw. 7,5 × 10-4 mbar festgelegt. Die Fokuseinstellung wurde von scharfem Fokus bei 1,57 A auf 1,62 A in Schritten von 0,005 A geändert.

 

Für jede Einstellung über den Fokusbereich wurden die Strahldaten durch das Abtastsystem erfasst und die Schweißnähte hergestellt. Die Schweißnähte wurden auf halber Länge geschnitten und ein metallografischer Schnitt wurde bis zu einem Mikrofinish vorbereitet. Die Eindringtiefe der Schweißnaht und die Breite des Mittelschnitts wurden mittels optischer Mikroskopie gemessen, wobei eine Maßprüfungsfunktion innerhalb der Software des Mikroskops verwendet wurde.

 

Die resultierenden metallografischen Schliffe der Schweißnaht sind zusammen mit den entsprechenden Sondendaten in Bild 8 dargestellt.

   

Bild 8: Metallographische Schnittbilder der Schweißnähte neben den entsprechenden Signalbildern

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Diskussion

Die Ergebnisse der oben genannten Experimente werden hier diskutiert. Bild 9 zeigt die X-Achsen-Sondendaten für die 11 verschiedenen Fokuseinstellungen überlagert, um eine Einschätzung der Veränderung der Leistungsdichteprofilverteilung über den getesteten Bereich für den Strahl in dieser Achse zu geben. Es ist zu erkennen, dass die Änderung des Strahlprofils messbar ist, aber auch, im Vergleich zu Bild 8, dass relativ geringfügige Änderungen des Profils zu einer Variation des Profils der Fusionszone führen.

    

Bild 9: Signalaufzeichnung für die elf unterschiedlichen Fokus-Einstellungen

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Bild 10 zeigt die Spitzenintensität des Strahls und die Eindringtiefe der Schweißnaht in grafischer Form relativ zu den Fokuseinstellungen. Es ist deutlich zu erkennen, dass die effektive Spitzenintensität des Strahls an der Arbeitsfläche im Oberflächenfokus zunimmt und dann zu beiden Seiten hin zum scharfen Fokus und über Fokuseinstellungen abnimmt. Die Auswirkung auf die Schweißeindringtiefe ist deutlich zu erkennen, wobei die geringste Eindringtiefe bei Schweißnähten mit Überfokus-Einstellungen gemessen wurde und die höchste Eindringtiefe bei scharfem Fokus auftritt. Dies steht im Einklang mit der etablierten Elektronenstrahlschweißpraxis, bei der bekanntlich die Eindringtiefe zunimmt, wenn die Fokusposition durch Verringerung der Dicke in die Platte hinein bis zum scharfen Fokus abgesenkt wird. In diesem Fall beträgt der Unterschied in der Schweißeindringtiefe nominell 2 mm über den Fokuseinstellpfeil.

     

Bild 10: Spitzenintensität u. Schweißnahttiefe in Abhängigkeit von den Fokuseinstellungen:

  • Blau: Metallographisch ermittelte Schweißnahttiefe in Millimeter auf linker Achse
  • Grün: Mit der Sonde gemessene x-Achsen Spitzenintensität in Volt auf rechter Achse
  • Gelb: Mit der Sonde gemessene y-Achsen Spitzenintensität in Volt auf rechter Achse 

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 

   


Bild 11 zeigt ein ähnliches Diagramm, in dem die Strahlbreite bei Halbwertsbreite (Full width at half maximum, FWHM) neben der Schweißnahttiefe und den Fokuseinstellungen dargestellt ist. Der Vergleich von Bild 11 mit Bild 10 zeigt, dass der Halbwertsbreiten-Wert des Strahls ein Minimum erreicht, wenn die Spitzenintensität des Strahls durch die Wischbewegung (Sweep) bei der Fokuseinstellung ein Maximum erreicht. Tatsächlich zeigen die Sondendaten, dass sich die Strahlbreite beim Durchlaufen des Fokus erwartungsgemäß verengt und dann wieder verbreitert hat.

    

Bild 11: Elektronenstrahlbreite bei Halbwertsbreite (FWHM) in Abhängigkeit von den Fokuseinstellungen in Milli-Ampere:

  • Blau: Metallographisch ermittelte Schweißnahttiefe in Millimeter auf linker Achse
  • Grün: Mit der Sonde gemessene x-Achsen Halbwertsbreite in Millimeter auf rechter Achse 
  • Gelb: Mit der Sonde gemessene y-Achsen Halbwertsbreite in Millimeter auf rechter Achse

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0  

   


Zusätzlich zu den obigen Ausführungen wurden in diesem Beitrag verschiedene Metho­den und Geräte zur Elektronenstrahlcharakterisierung beschrieben. Es wurde ein Ver­gleich von drei kommerziell verfügbaren Bewertungs-Sonden durchgeführt (Tabelle 1).

   

Merkmal

EMFC-Mehr-Schlitz-Sonde

(Verbesserter modifizierter Faraday-Becher)

DIABEAM-Lochblenden-Sonde

(Lochblende mit zwei parallelen Schlitzen)

Zwei-Schlitz-Sonde
Max. Leistung 10 kW[a] 30 kW[c]  40 kW[e]
Auflösung 100 μm[d] 20 μm[d] 50 μm[e]
Scan-Ablauf Kreisförmig Raster Dreieckig
Komplexität Einfaches Abtast­muster, das oft keine Änderungen am Ablenk­system der Strahl­quelle erfordert. Hohe Frequenz und präzise Abtastung. Spezielles Scannen. Mittelfrequenz-Abtastung. Modifikationen am Ablenksystem der Strahlquelle zur Erzeugung des Musters können erforderlich sein.
Messdaten-Information Erstellt eine Karte der Leistungs­dichte­verteilung des Strahls. Zwei Strahldurchmesser bei FWHM und FWe2. Messung der Leis­tungs­dichte­verteilung des Strahls direkt. Fünf Strahldurchmesser bei 10%, 30%, 50%, 70% und 90%. Messung des Strahlprofils für Fokus-Sweep, Ablenkgeschwindigkeit, Strahldurchmesser bei Halbwertsbreite (FWHM).

a Elmer et al. (2008).
b Elmer and Teruya (2001).
c Reisgen et al. (2014).
d Dilthey et al. (2001).

e Dack and Nunn (2013).


Tabelle 1: Vergleich kommerziell erhältlicher Elektronenstrahl-Sondensysteme zum Schweißen.

   

Die Zwei-Schlitz-Sonde ermöglicht die Strahlprofilierung für die Fokusabtastung, während die Lochstift-Sonde und die Multispalt-Sonde auch eine Abbildung der Stromdichteverteilung des Strahlflecks liefern können. Obwohl die Zwei-Schlitz-Sonde nicht die vollständige Stromdichteverteilung liefert, geben die von ihr gelieferten Informationen jedoch einen guten Hinweis auf die Variationen der Elektronenstrahlquellenparameter, die für die Schweißanwendung erforderlich sind, bei der sich das sogenannte Key Hole in Schweißrichtung bewegt. Die Sonde kann erkennen, ob die Strahlform kreisförmig oder elliptisch ist, mit der Ausnahme, dass die Hauptachse der Ellipse in einem Winkel von 45° zu den Sondenschlitzen liegt. Die Verarbeitung der Daten ist schneller, wodurch Produktionszeit gespart wird. Die Sonde kann dauerhaft in der Kammer installiert werden und benötigt sehr wenig Wartung. Bei Hochleistungsbetrieb benötigt die Zwei-Schlitz-Sonde im Gegensatz zu anderen Systemen weder ein Wärmemanagementsystem noch eine aktive Kühlung. Bei Zwei-Schlitz-Sonde wird der Strahl in den meisten Fällen auf den sogenannten Beam-Dump gelegt und nur während der sehr kurzen Messperioden an den Schlitzen abgelenkt, so dass der Wärmeeintrag minimal ist und die Schlitzflächen nicht beschädigt werden. Dies könnte eine sehr nützliche Eigenschaft des Systems sein, wenn es in heißen Zellen in der Nuklearindustrie eingesetzt werden soll, wo die Entsorgung verbrauchter Sondenkomponenten aufgrund ihrer Aktivität sehr schwierig ist.

   

Die Kalibrierung ist ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit dieser Art von Systemen. Insbesondere in einer Produktionsumgebung in der Luft- und Raumfahrt oder bei nuklearen Anwendungen sollte das System in der Lage sein, dauerhaft in der Kammer installiert zu werden und die Möglichkeit haben, zeitweise extern zu kalibrieren, ohne dass es aus der bestehenden Installation entfernt werden muss. Die Methoden zur Autokalibrierung oder Autokalibrierung können diese Probleme lösen.

   

Weitere Arbeiten am Zwei-Schlitz-Sondensystem werden durchgeführt, um seine Fähigkeiten in Bezug auf die Bereitstellung von mehr parametrischen Informationen aus den vom Tastsystem erfassten Daten zu verbessern, die für Schweiß- und andere Anwendungen nützlich sein können. Dies wird die Entwicklung verschiedener Signalverarbeitungsalgorithmen erfordern. Vorläufige Arbeiten werden im Rahmen eines Forschungsprogramms durchgeführt, um die Trends bei den Variationen in den Strahlmessungen mit den Schweißnahtformen zu vergleichen. Eine detaillierte statistische Analyse der vorhandenen Produktionsdaten ist im Gange, um die Beziehungen zwischen den Variationen in den Sondierungsdaten und den Elektronenstrahlquellenparametern zu verstehen.

   

Schlussfolgerungen

Eine Reihe verschiedener Elektronenstrahl-Sondengeräte wurde entwickelt, um die Messung der Eigenschaften des Elektronenstrahls zu ermöglichen und die Qualitätssicherung zu verbessern.

  • In dieser Studie wurde eine detaillierte Übersicht über Sondensysteme für Elektronenstrahlschweißanwendungen durchgeführt.
  • Die Entwicklung eines Zwei-Schlitz-Sondierungssystems wurde vorgestellt.
  • Die Hauptmerkmale und Einschränkungen der Zweispaltsonde wurden im Vergleich zu anderen verfügbaren Systemen untersucht.
  • Die EMFC- und DIABEAM-Geräte können detaillierte Informationen über die Leistungsdichteverteilung des Strahls liefern. Diese sind jedoch auf kleinere Strahlleistungen von 10-30 kW beschränkt.
  • Die Zweispaltsonde liefert nur begrenzte Informationen über die Leistungsdichteverteilung, kann aber hohe Strahlleistungen bis zu 40 kW messen.
  • Das DIABEAM-Tastsystem erfordert hochfrequentes und präzises Scannen, während das Zwei-Schlitz-Tastsystem mit einem einfacheren und niederfrequenten Abtastmuster arbeitet.
  • Das Sensorelement für DIABEAM und EMFC muss regelmäßig ausgetauscht werden, um die Geräteleistung zu erhalten.

Danksagung

Die deutsche Übersetzung wurde unentgeltlich von AluStir, der vertraglich benannten Agentur und Handelsvertretung des TWI für Süddeutschland, Österreich und die Schweiz (DACH) erstellt. Die der Übersetzung zugrundeliegende Studie wurde vom TWI in Cambridge and Brunel University in London, im Rahmen eines PhD-Programms unterstützt.

   

Englische Veröffentlichung

Der englische Open-Access-Artikel (Bild 12) wurde unter einer Creative Commons Lizenz (Namensnennung 4.0 International, CC BY 4.0) wie folgt veröffentlicht:

 

Aman Kaur<2><3>*Colin Ribton<3> und W. Balachandaran<2>Electron beam characterisation methods and devices for welding equipment

In: Journal of Materials Processing Technology, Band 221, Juli 2015, S. 225-232

 

<2> College of Engineering Design and Physical Sciences, Brunel University, Uxbridge, Middlesex UB8 3PH, UK
<3> TWI Ltd., Granta Park, Great Abington, Cambridge CB21 6AL, UK

*Korrespondierender Autor: aman.kaur@brunel.ac.uk (A. Kaur), College of Engineering Design and Physical Sciences, Brunel University, Uxbridge, Middlesex UB8 3PH, UK Tel.: +44 7506807199.

 

DOI: https://doi.org/10.1016/j.jmatprotec.2015.02.024

 

Jede weitere Verbreitung dieses Werkes muss die Autoren sowie den Titel des Werks, die Zeitschrift und den digitale Objektbezeichner (DOI) aufführen.

 

Bild 12:  Journal, Autoren, Titel und Englische Zusammenfassung

Courtesy of TWI Ltd

© Aman Kaur, Colin Ribton und W. Balachandaran, CC BY 4.0 


11. Einzelnachweise

AWS, 2004

AWSRecommended Practices for Electron Beam Welding
American Welding Society (2004)

Berte and Legrand, 1981
Berte, M., Legrand, P., 1981.

Device for quantitative display of the current density within a charged-particle beam.

United States Patent 4,290,012 (324/71 EB).

Dack and Nunn, 2013

A.J. Dack, M. NunnLaboratory and Industrial Validation of Electron Beam Probing Equipment. TWI Industrial Member Report Summary 1045/2013
(2013)

   

Darling et al., 2005
Darling, R.B., Jones, P.L., Scheidemann, A.A., Schumacher IV, F.J., 2005.

Charged particle beam detection system.

United States Patent 6,847,036 (250/291).

   

Dilthey et al., 1997

U. Dilthey, S. Bohm, M. Dobner, G. TragerComparability and replication of the electron beam welding technology using new tools of the DIABEAM measurement device
International Conference on Electron Beam Technologies (1997)

Dilthey et al., 2001

U. Dilthey, A. Goumeniouk, S. Böhm, T. WeltersElectron beam diagnostics: a new release of the diabeam system
Vacuum, 62 (2–3) (2001), pp. 77-85

Elmer et al., 1996Elmer, J.W., O’Brien, D.W., Teruya, A.T., 1996. Modified Faraday Cup. United States Patent 5,554,926 (324/71).

Elmer, 2009

J. ElmerCharacterization of Defocused Electron Beams and Welds in Stainless Steel and Refractory Metals using the Enhanced Modified Faraday Cup Diagnostic
Lawrence Livermore National Laboratory (2009), pp. 1-9

  
Elmer and Teruya, 2001

J. Elmer, A. TeruyaAn enhanced Faraday cup for rapid determination of power density distribution in electron beams
Weld. J. – N. Y., 80 (12) (2001), pp. 288s-295s

Elmer and Teruya, 1998

J. Elmer, A. TeruyaFast method for measuring power density distribution of non-circular and irregular electron beams
Sci. Technol. Weld. Join., 3 (2) (1998), pp. 51-58

  
Elmer et al., 1993

J. Elmer, A. Teruya, D. O’BrienTomographic imaging of noncircular and irregular electron beam current density distributions
Weld. J. (U. S. A.), 72 (11) (1993), p. 493

  
Elmer et al., 2008
Elmer, J.W., Palmer, T.A., Teruya, A.T., 2008.

Electron beam diagnostic for profiling high power beams.

United States Patent 7,348,568 (250/397).

EWF, 2007

EWF (European Federation for Welding)Electron Beam Welding. Technical Sheets
(2007)

Giedt and Tallerico, 1988

W. Giedt, L. TallericoPrediction of electron beam depth of penetration
Weld. J., 67 (12) (1988), pp. 299-305

Giedt and Campiotti, 1996Giedt, W.H., Campiotti, R., 1996.

Method of automatic measurement and focus of an electron beam and apparatus therefor.

United States Patent 5,483,036 (219/121).

Hayafuji, 1986
Hayafuji, Y., 1986.
Faraday cup.
United States Patent 4,608,493 (250/397).

  
Hicken et al., 1991

G. Hicken, W. Giedt, A. BentleyCorrelation of joint penetration with electron beam current distribution
Weld. J., 70 (3) (1991), pp. 69s-75s

Houldcroft and John, 2001

P.T. Houldcroft, R. JohnWelding and Cutting: A Guide to Fusion Welding and Associated Cutting Processes
Elsevier (2001)

Koleva et al., 2014

E. Koleva, G. Mladenov, M. Kardjiev, D. TodorovElectron beam characterization at changes of EBW process parameters
Eleventh International Conference on Electron Beam Technologies at Bulgaria (2014)

Mcnabb, 1969
Mcnabb, L.A., 1969.

Electron beam welding machine.

U.S. Patent No. 3,433,923.

Nello, 2001
O. NelloElectron beam probing systems – a review

TWI Bulletin (2001)

Palmer et al., 2011

T.A. Palmer, P.W. Hochanadel, K.L. SciakyQuality control of electron beams and welds
Weld. Fundam. Process., 6A (2011)

Peng et al., 2011

Y. Peng, K. Wang, Q. Zhou, Y. Wang, P. FuBeam quality test technology and devices of electron beam welding
Vacuum, 86 (3) (2011), pp. 261-266

   

Prudnikov et al., 1974

I. Prudnikov, A. Toropov, Y.F. Chichikalov, I. KhokhryakovDevice for determination of charged particle beam profile and position
Nucl. Instrum. Method, 114 (1) (1974), pp. 101-104

Ragheb and Zakhary, 2000

M. Ragheb, S. ZakharyStudy of the electron beam diagnostics and beam waist
Radiat. Phys. Chem., 58 (1) (2000), pp. 1-8

Reisgen et al., 2014

U. Reisgen, S. Olschok, S. UferAccurate diagnostics of electron beam characteristics
Eleventh International Conference on Electron Beam Technologies at Bulgaria (2014)

Sanderson and Adams, 1970
Sanderson, A., Adams, M.J., 1970.

Electron beam welding.

United States Patent 3,534,387.

Sandstrom et al., 1970

D.J. Sandstrom, J.F. Buchen, G.S. HanksOn the measurement and interpretation and application of parameters important to electron beam welding
Weld. Res. Suppl., 49 (7) (1970), pp. 293s-300s

Schultz, 1994

H. SchultzElectron Beam Welding
Elsevier Science (1994)

The British Standard Institution, 2013
The British Standard Institution, 2013.

Welding Acceptance – inspection of electron beam welding machines. Part 3: Measurement of beam current characteristics. BS EN ISO 14744-3:2001.

Wojcicki and Mladenov, 2000

S. Wojcicki, G. MladenovA new method of experimental investigation of high-power electron beam
Vacuum, 58 (2) (2000), pp. 523-530

Yang et al., 2011

Y. Yang, L. Di, F. Yun-Qing, Y. Ke, C. Wei-Dong, X. Jun, G. Zhi-Xian, R. Hutton, Z. Ya-MingElectron beam density study using a portable slit imaging system at the Shanghai Electron Beam Ion Trap
Chin. Phys. B, 20 (8) (2011)

 

Diese Veröffentlichung ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 4.0 International“ (CC BY 4.0) lizenziert.