TWI: Materialprobleme bei Offshore-Windturbinen

Webinar: Werkstoffspezifische Herausforderungen bei Offshore-Windturbinen


In diesem knapp 43 Minuten langen englischsprachigen Webinar vom 7. Februar 2020 geben Ben Robinson, Dave Harvey und Ian Froment vom TWI in Cambridge einen Überblick über die werkstoff­spezifischen Herausforderungen bei Offshore-Windturbinen.

   

Werkstoffspezifische Herausforderungen bei Offshore-Windturbinen

42:52 min, © TWI Ltd, 7. Februar 2020


Einführung (1:01)

  • Ben Robinson arbeitet seit 5 Jahren in TWIs Oberfächenbearbeitungs- und Beschichtungs-Abteilung mit dem Fokus auf thermisch gespritztem Aluminium für Offshore-Anwendungen.
  • Der Trend zur kohlenstoffarmen Energieversorgung erfordert den nachhaltigen Einsatz von erneuerbaren Energien - In Großbritannien spielen die Offshore-Windparks dabei eine wichtig Rolle.
  • Während die Energiegewinnung auf dem Wasser schwieriger und teurer als an Land ist, bieten sich Vorteile, weil der Wind dort stärker und gleichmäßiger als an Land bläst. 
  • Großbritannien, Nordirland und Europa liegen günstig, um die Offshore-Windenergie zu nutzen: 
    • Es gibt auf See reichlich Wind
    • Vergleichsweise geringe Wassertiefen
    • Kein nennenswertes Auftreten von Wirbelstürmen (Hurrikane, Taifune und Zyklone)
    • Bestehendes Know-how im Offshore-Ingenieurwesen durch die Öl- und Gasindustrie

Derzeitige Marktbedingungen (2:54)

  • Großbritannien ist bei der Nutzung der Offshore-Windkraft weltweit führend:
    • Die Offshore Windenergieerzeugung entspricht dem Bedarf von 4,5 Mio. Wohneinheiten
    • Es wird 2020 angestrebt, 10 % des in Großbritannien erzeugten Stroms durch Offshore-Windkraft zu erzeugen.
  • Die Offshore pro Jahr erzeugte Windkraftnutzungskapazität vezehnfachte sich in Europa von etwa 300 MW im Jahr 2008 auf Spitzenwerte um jeweils 3000 MW in den Jahren 2015 und 2017.
  • Die kumulativ installierte Windkraftnutzungskapazität vezehnfachte sich in Europa von etwa 2.000 MW im Jahr 2008 auf knapp 20.000 MW im Jahr 2018.

Marktbestimmende Faktoren (3:59)

  • Kostensenkung bei der Nutzung der Offsore-Windenergie:
    • Investionskostenminderung pro Megawatt
    • Lebensdauerverlängerung
    • Minimierung der Inspektions- und Wartungsskosten
  • 30 % Kostensenkung bei der durch Offshore-Windkraft erzeugten Megawattstunde über die letzten 2 Jahre

Werkstoffspezifische Herausforderungen 1/3 (4:51)

  • Es gibt signifikante Herausforderungen bei der Konstruktion und dem Bau von Offshore-Windturbinen, z. B.:
  • Mit zunehmender Abhängigkeit von der Offshore-Windkraft, wird die betriebliche Verfügbarkeit immer wichtiger

Komponenten der Windturbinen und ihrer Fundamente (5:23)

  • Rotorblätter
  • Gondel (englisch Nacelle)
  • Turm
  • Übergangsstück
  • Monopile, Jacket oder Ponton

Werkstoffspezifische Herausforderungen 2/3 (7:00)

  •  Fundamente und Übergangsstücke
    • Herstellung: Immer größere Strukturen erfordern eine Kostenreduzierung
    • Korrosion: Die agressive Seewasserumgebung führt zu interner und externer Korrosion
    • Biofouling: Schwierigkeiten bei der Inspektion und Wartung. Zunehmende hydrodynamische Belastung
    • Materialermüdung: Mit dem Einrammen beim Bau und dem Biofouling während des Betriebs einhergehende Herausforderungen
    • Sichtbarkeit: Kompatibilitätsanforderungen bezüglich gut sichtbarer Farbe und Korrosionsschutzsystemen

Anforderungen an Fundamente und Übergangsstücke bezüglich Herstellung und Materialermüdung (7:29)

  • Zunehmende Größe
    •  Bedarf für größere Monopiles, die größere Turbinen in größeren Wassertiefen tragen
  • Kostensenkung
    •  Jackets brauchen weniger Material als Monopiles und sind daher für größere Wassertiefen geeignet
    • Forderung nach Großserien-Produktions- und Installationsverfahren, um die Kosten zu minimieren
  • Materialermüdung
    • Einfluss der Belastung beim Einrammen
    • Zyklische Belastung der Struktur durch Wind und Wellen
    • Einfluss der Zusammensetzung des Meeresgrundes und des Biofoulings etc.
  • Interne Korrosion
    • Korrosion des Hohlraums innerhalb der Monopile-Struktur
    • Auswirkungen des geringen Austauschs von eingeschlossenem Seewasser
  • Korrosion in der von Spritzwasser und Gezeiten beeinflussten Zone
    • Extrem aggressive Umgebung mit zeitweiligem elektrolytischen Kontakt
    • Wegen der Anforderungen an gute Sichtbarkeit sind die Farben für den Korrosionsschutz  nicht optimal
  • Biofouling
    • Von Mikrolebewesen hervorgerufene Korrosion führt zu Lochfraß
    • Zunahme der hydrodynamischen Belastung
    • Schwierigkeiten bei der Inspektion und Wartung

Werkstoffspezifische Herausforderungen 3/3 (12:27)

  • Rotorblätter (Turbinenschaufeln):
    • Herstellung: Zunehmende Größe, Kostenreduzierung und Leichtbau
    • Materialermüdung: Annahme von 100 Mio. Lastzyklen über die Lebensdauer eines Rotorblatts
    • Gewitter: Blitzschlag kann zu Schäden im elektrischen System und zum Versagen der Windturbine führen
    • Korrosion an der Anströmkante: Führt zu höherem Luftwiderstand und senkt die aerodynamische Effizienz

Anforderungen an Rotorblätter bezüglich Herstellung und Materialermüdung (13:12)

  • Leichtbau
    • Die mögliche Rotorblattgröße wird durch das Gewicht beschränkt
    • Leichte Rotorblätter lassen sich leichter installieren und reparieren. Sie haben eine bessere Stabilität und verbesserte Performance
  • Transport
    • Die Größe verursacht Herausforderungen beim Transport vom Herstellungsort zum Installationsort
    • Segmentierte Turbinenschaufelkonstruktionen werden zur zeit erwogen. Diese würden vor Ort in temporär installierten Einrichtungen zusammengefügt
  • Materialermüdung
    • Zyklische Belastung der Rotorblätter aufgrund von Bewegungen und der Interaktion mit dem Wind
    • Verursacht durch Vereisung und Korrosion der Anströmkanten  
    • Die Herstellung der Verbundwerkstoffbauteile hat einen signifikanten Einfluss auf deren Dauerfestigkeit, z.B. Fehlpositionierung von Fasern und ungleichmäßige Kunstharz-Verteilung

Anforderungen an Rotorblätter bezüglich Blitzschlag und Anströmkanten-Erosion (14:43)

  • Blitzschlag
    • Die zunehmende Höhe von Windturbinen und die größere Länge der Rotorblätter führt zu erhöhtem Blitzschlagrisiko und höheren Reparturkosten
  • Anströmkantenerosion 
    • Wird durch den wiederholten Einfluss von Regen, Eis, Staub und anderen Partikeln auf die sich mit hoher Geschwindigkeit drehenden Rotorblätter ausgelöst
    • Die Beschädigungen führen zu Veränderungen am aerodynamischen Profil und daher zu einem verminderten Wirkungsgrad
    • Schäden können zum Eindringen von Wasser und UV-Licht sowie zum Strukturversagen führen

Zukunft der Offshore-Windkraftnutzung (17:00)

  • Marktprognosen
    • Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland will seine Offshore-Windkraftnutzung bis 2010 verdoppeln
    • Voraussichtlich wird China ab 2021 bezüglich der Offshore-Windkraftnutzung die weltweite Führungsposition einnehmen
  • Pontons
    •  Auf dem Meeresgrund verankerte Pontons ermöglichen die Windkraftnutzung auch bei größeren Wassertiefen
    • Zurzeit (Februar 2020) ist eine schwimmende Windkraftanlage in Betrieb: Hywind Scotland mit 30 MW und 5 Windturbinen vor der Küste von Schottland. 
    • Eine weitere wird zurzeit installiert: WindFloat Atlantic mit 25 MW und 3 Windturbinen vor der Küste von Portugal 
  • Offshore-Windkraftnutzung in China
    • Herausforderungen bei der Konstruktion der Fundamente und der Installation aufgrund des Zustands des Meeresgrundes
    • Korrosionsschäden aufgrund der lokalen Umgebungseinflüsse und mangelnder Erfahrung mit Onshore-Windturbinen
    • Taifune haben bestehende Offshore-Windturbinen beschädigt
    • Begrenzte Zeitfenster für Reparaturen wegen eines Mangels an Transfer- und Wartungsschiffen und der dafür erforderlichen Erfahrung. Hier besteht ein noch größerer Bedarf für längere Inspektions- und Wartungsintervalle
  • Schwimmende Windturbinen
    • Da die besten Standorte mit geringer Wassertiefe entlang der Küste bereits vergeben sind, werden Windturbinen zunehmend in Wassertiefen von mehr als 50 m und in größerem Abstand von der Küste errichtet.
    • Höhere Wassertiefen führen zu höherem Kostenaufwand beim Bau der Fundamente von konventionellen Windturbinen
    • Ein größerer Abstand von der Küste führt zu Herausforderungen bei der Übertragung des elektrischen Stroms

Gebiet

Europa
USA
Japan

Anteil des Offshore verfügbaren Windes in mehr als 60 m tiefen Wasser

80 %

60 %

80 %



  • Der derzeitige limitierende Faktor ergibt sich daraus, dass die Kosten pro Megawattstunde des erzeugten Stroms bei schwimmenden Windkraftplattformen noch höher als bei fest installierten Offshore-Windturbinen ist:
    • Schwimmende Windkraftplattform: ca. 180 €
    • Fest installierte Offshore-Windturbine: ca. 45 € 
  • Die für die zukünftige Nutzung der Offshore-Windkraft angestrebte Kostenreduzierung erfordert zielgerechte Forschung und Entwicklung von Verankerungs-Lösungen, elektrischen Kabeln und Netz-Verbindungen
  • Die höchsten Kosten der schwimmenden Offshore-Windplattformen liegen in deren Verankerung
    • Ein besseres Verständnis der Effekte auf die strukturelle Belastung von Ankerketten, Kabeln und anderen Strukturen ist erforderlich
    • Besseres Verständnis der Materialermüdung der Komponenten unter zyklischer Belastung
    • Reduzierung des Biofouling, um die Wartungskosten zu minimieren

Risikominimierung von thermisch gespritztem Aluminium für Offshore-Windturbinen (21:54)

  • Korrosion
    • Offshore-Korrosionsuntersuchungen unter unterschiedlichen Umgebungseinflüssen
    • Weitere Laborarbeiten bezüglich Korrosionsgeschwindigkeit und dem Einfluss von organischen Beschichtungen 
  • Konstruktion
    • Detaillierte Literaturrecherche zum Einfluss von thermisch gespritztem Aluminium auf die Materialermüdungseigenschaften
    • Modellieirung des Verhaltens von thermisch gespritztem Aluminium mithilfe der Finiten Elemente Methode
    • Erstellung von Empfehlungen und Richtlinien für den Einsatz von thermisch gespritztem Aluminium in korrosionsgerechte Konstruktionen 
  • Herstellung
    •  Konstruktionen für die Großserienproduktion mit thermisch gespritztem Aluminium

MIMREE-Projekt: Autonome Inspektion (23:09)

  • Das MIMREE-Projekt befasst sich mit der autonomen Inspektion von Offshore-Windparks

HiPRwind-Projekt: Hochleistungs-Windkraft-Nutzung mit hoher Ausfallsicherheit (23:13)

  • Das HiPRwind-Projekt befasst sich mit der Hochleistungs-Windkraftnutzung mit hoher Ausfallsicherheit.

Was bietet das TWI an (23:32)?

Fragen und Antworten (26:15)

Im Anschluss an das Webinar beantworteten Ben Robinson und Dave Harvey Fragen der Webinar-Teilnehmer, die von Ian Froment vorgelesen wurden. 

Zusammenfassung und Ausblick (41:02)

Dies Webinar ist Teil einer Serie von Webinars, die am TWI zum Thema Offshore-Windturbinen durchgeführt wurden und werden, z.B. ein Webinar zur Strukturintegrität und Materialermüdung von Offshore-Windturbinen. TWI freut sich über Vorschläge zu weiteren Themen, die von Interesse sind, z.B. Zustandsüberwachung und Strukturintegritätsüberwachung von Offshore-Windturbinen.

Weitere Informationen

Für Unternehmen in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz stellt AluStir auf Anfrage gerne weitere Informationen zu werkstoffspezifischen Herausforderungen bei Offshore-Windturbinen zur Verfügung. Bitte kontaktieren Sie uns per Telefon (+49 6024 636 0123) oder E-Mail (stephan.kallee@alustir.com).