Friction Stir Welding in der Elektromobilität

Stirtec präsentiert rührreibgeschweißte wassergekühlte E-Motorgehäuse auf der IAA

Dr. Roland Rathner und Dipl.-Ing. Stephan Kallee, www.stirtec.at

Mobilitätwende vom Verbrennungs- zum E-Motor

Stirtec auf der IAA 2019: Industrielle FSW-Lösungen
Bild 1: Stirtec auf der IAA 2019: Industrielle FSW-Lösungen

An den Presse- und Fachbesucher-Tagen der Internationalen Automobilausstel­lung 2019 stellte Stirtec seine Produkte und Dienstleistungen in Frankfurt aus. Unter dem Motto „Driving tomorrow“ bot die IAA eine inter­natio­nale Plattform für die Mobilitätswende vom Verbrennungs­motor zur E-Mobilität (Bild 1).

Reibrührgeschweißte Aluminium­druck­guss­teile

Reibrührgeschweißte Aluminium­druck­guss­teile für Elektroautos bilden den Fokus der Anwendungs­entwicklung bei Stirtec GmbH. Das in der Steiermark ansässige Unternehmen bietet komplette Lösungen aus einer Hand: Von der Idee bis zur industriellen Implementierung entwickeln Stirtecs Ingenieure und Techniker serientaugliche Produkte und liefern die für die automatisierte Fertigung erforderlichen FSW-Maschinen und Spannvorrichtungen in enger Partnerschaft mit den Automobil­herstellern und deren Zulieferern.

Das Stirtec Team begleitet Kunden als Turnkey-Partner von der Produktidee bis zur Serienimplementierung. Unter anderem bietet das Unternehmen:
  • FSW-Maschinen und Turnkey Anlagen inklusive Automatisierung und Spannvorrichtungen
  • Contract-R&D, wie Prototyping, Applikationsent-wicklungen, Machbarkeits- und Prozessanalysen
  • Workshops und Schulungen
  • FSW-Werkzeuge für Aluminium, Kupfer und Stahl

Temperaturmanagement von Elektrofahrzeugen

An das Temperaturmanagement von Elektro- und Hybridfahrzeugen werden heute und in Zukunft hohe Anforderungen gestellt. Die Elektromotoren und Batteriekästen sowie die Leistungselektronik der Steuerungsgeräte müssen gekühlt werden. Um das Gewicht der Fahrzeuge möglichst klein zu halten, wird für die Gehäuse dieser Bauteile zunehmend Aluminiumdruckguss eingesetzt, der mit dem Laser oder MIG-Schweißen nur schlecht schweißbar ist. 

Rührreibgeschweißte wassergekühlte Elektro-motorengehäuse auf der IAA 2019
Bild 2: Rührreibgeschweißte wassergekühlte Elektromotorengehäuse auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt, September 2019

Hierfür bietet das erst in den 1990er Jahren erfundene Rührreibschweiß­verfahren einzigartige Verfahrensvorteile. Da es unterhalb des Schmelzpunktes arbeitet, werden Poren und Lunker im Schweißnahtbereich zuverlässig abgedichtet, so dass die damit geschweißten Bauteile zuverlässig gas- und wasserdicht sind. Weil keine Zusatzwerkstoffe eingesetzt werden, ist der Wärmeübergang in wassergekühlten Kühlkörpern sehr viel besser als in MIG-geschweißten, was nicht nur für die Kühlung der IGBT-Hochleistungselektronik von Schienenfahrzeugen enorme Vorteile bietet, sondern auch bei elektrisch oder hybrid angetriebenen Kraftfahrzeugen.
Der geringe Wärmeeintrag beim Schweißen führt zu geringem Verzug und hochgenauen Toleranzen, so dass der integrierte Getriebe-Startergenerator von Hybridfahrzeugen, der den Verbrennungsmotor als Anlasser, Lichtmaschine und Booster unterstützt, passgenau gefertigt werden kann (Bild 2).

Rührreibschweißmaschinen

Stirtec-Maschinen haben ein integriertes Qualitätssicherungssystem, bei dem die während des Schweißprozesses gemessenen Parameter wie Anpresskraft, Drehzahl und Schweißgeschwindigkeit genau gemessen, geregelt und protokolliert werden. Durch einen großserientauglichen Auswertealgorithmus lässt sich für jedes Teil nachweisen, dass die bei der Parameteroptimierung und Verfahrensqualifizierung festgelegten Parameter eingehalten wurden, um die vertraglich festgelegten Qualitätsstandards ausnahmelos zu erfüllen.

 

Mehrere Fahrzeug­hersteller stellten auf Stirtec-Maschinen geschweißte Produkte auf der IAA aus, z.B. in Kombi­nation mit dem Antriebsstrang von gelände­gängigen Allradfahrz­eugen (Bild 3). Die Batteriewanne dieser Fahrzeuge ist so groß, dass sie nicht wie bei kleineren Fahrzeugen als ein Teil gegossen werden kann, sondern aus einem Gussteil und mehreren Strangpressprofilen zusam­men­gesetzt wird. Mit dem Rührreib­schweiß­verfahren werden zuerst die Strangpressprofile zu einem dynamisch hochbelastbaren Leichtbau-Boden verschweißt, der nach einem automatischen Werkzeugwechsel auf der gleichen Maschine mit dem als Druckgussteil erstellten Batteriekasten verschweißt wird.

  

Durch eine ausgeklügelte FSW-Werkzeug-Profilierung kann das Stirtec-Werkzeug rechtwinklig zum Bauteil eingesetzt werden, was eine 3D-Kinematik bei der Werkzeugführung überflüssig macht, so dass nur x-y-z-Bewegungen erforderlich sind. Das bietet insbesondere an den Radien an den Ecken von Batteriekästen große Geschwindigkeitsvorteile, so dass sehr viel schneller als mit den früher üblichen Standardwerkzeugen mit konkaver Schulter geschweißt werden kann. 

Materialmischverbindungen

Kupfer-Alu-Batterieverbinder
Bild 3: Kupfer-Alu-Batterieverbinder

Es ist mit dem Rührreibschweißverfahren sogar möglich, Materialmischverbindungen herzustellen, z.B. beim Herstellen von Polverbindern zwischen dem Plus- und Minuspol von reihengeschalteten Batterien in der Batteriewanne von Elektroautos (Bild 3). Dafür werden Bleche oder Coils aus Kupfer und Aluminium miteinander verschweißt, um ein elektrisch sehr gut leitendes Bimetall-Blech herzustellen. Daraus werden dann die Polverbinder herausgetrennt, die jeweils artgleich mit den aus Kupfer und Aluminium bestehenden Polen der Batterien verschweißt werden. Dadurch entfällt der Einsatz von Sonderschweißverfahren bei den Batterieherstellern.

  

Nach einem automatischen Werkzeugwechsel können die von Stirtec hergestellten FSW-Maschinen auch zur Hochgeschwindigkeits-Fräsbearbeitung eingesetzt werden. Es zeigt sich, dass eine FSW-Maschine aufgrund ihrer hohen Steifigkeit schneller schweißt als zwei Knickarmroboter, was zu erheblichen Preisvorteilen bei der Maschinenbeschaffung und Fertigung von hohen Stückzahlen führt.

Qualitätssicherung durch Kraftregelung

Reibrührgeschweißter Stahl-Teleskopkran-Ausleger
Bild 4: Reibrührgeschweißter Stahl-Teleskopkran-Ausleger. © Stirtec GmbH

Die Königsdisziplin des Rührreib­schweißens ist ohne Zweifel das Schweißen von Stahl. In meist streng vertrau­lichen Entwicklungsprojekten entwickelt Stirtec dieses Schweißverfahren unter anderem für dickwandige Stahlbauteile in hochfesten Stählen insbesondere für Anwendungen, bei denen es auf höchste Qualität der Schweißnähte ankommt, wie z.B. in dynamisch belasteten Bauteilen mit hohen Sicherheitsanforderungen, z.B. in Mobilkränen und dem LKW-Bau (Bild 4).

Autoren

Dr. Roland Rathner

Dr. Roland Rathner ist Geschäftsführer der Stirtec

Stephan Kallee

Dipl.-Ing. Stephan Kallee ist selbständiger Schweiß­fach­ingenieur und Techni­cal Consultant der Stirtec